Aktueller Futterrat vom 23.08.2022

Trockner Silomais – Nicht täuschen lassen

Dass der Silomais auf vielen trockenen Standorten jämmerlich aussieht, braucht nicht erwähnt werden. Doch entspricht das Bild auch dem erwarteten Futterwert?

Sinnenprüfung reicht oft nicht

Wichtig ist zunächst zu wissen, wann der Trockenstress die Pflanzen erwischt hat. Sind die Pflanzen erst nach der Befruchtung und Kolbenbildung von der Dürre geschädigt, sollte man die Pflanze solange ausreifen, solange die vorhandene Assimilationsfläche zum Kornertragspotential und zur Abreife der Körner beitragen kann. Da der Kolbenanteil bei diesen Pflanzen oft geringer ist als üblich, spielt die Restpflanze für den Gesamtfutterwert des Silomaises eine größere Rolle. Die Restpflanze sollte jedoch nicht mehr als 25 % Trockenmasse zur Ernte aufweisen, um einer Verstrohung vorzubeugen. Dabei muss das Vegetationsstadium genau definiert und der Trockenmassegehalt wirklich gemessen werden. Optisch stark verwelkte Silomaispflanzen weisen oft noch erstaunlich niedrige Trockenmassegehalte auf, da im Stängel noch relativ viel Wasser gespeichert ist. Dies ist durch eine Bonitur oft nicht zu erkennen. Wir haben an 8 Standorten trockengeschädigte Maisganzpflanzen (3 ‑ 4 Blattetagen vertrocknet) beprobt und laboranalytisch untersucht. Ein anhand des visuellen Befundes erwartete hohe Trockenmassegehalt wurde nicht bestätigt. Er schwankte zwischen 19 und 26 %, sollte jedoch bei Silostockhöhe bis 3 m mindestens 26 %, bei Silostockhöhe ab 4 m mindestens 28 % betragen, da, bei erst ab diesem Gehalt Sickersaftverluste vermieden werden können. In den Ganzpflanzen lag der Rohfasergehalt zwischen 240 und 310 g, der Rohproteingehalt zwischen 105 und 135 g je kg TM und der Zuckergehalt zwischen 90 und 195 g je kg TM. Der prognostizierte energetische Futterwert der Maissilagen schwankte zwischen 5,6 und 6,1 MJ NEL je kg TM. Mit Hilfe des Reifestadiums kann man ungefähr den Futterwert kalkulieren, welcher Futterwert zu erwarten ist.

Anders sind Bestände zu bewerten, in welchen bereits zur Blüte Dürreschäden auftraten. Diese Maispflanzen besitzen oft keinen oder nur einen sehr geringen Kolbenansatz. Der Silomais verhält sich dann wie jedes Gras. Da kaum eine Stärkeeinlagerung stattfindet, nimmt mit zunehmender Vegetation der Anteil an Gerüstsubstanzen zu und die Verdaulichkeit und Energiedichte sinkt. In der Abbildung ist dies grafisch dargestellt. Während Pflanzen mit hohem Kolbenanteil durch Stärkeeinlagerungen dem Abfall der Verdaulichkeit mit zunehmender Verholzung wiederstehen können, reagieren Pflanzen ohne Kolben mit einem deutlichen Abfall der Energiedichte. Dabei sind spezielle Effekte der Restpflanzen- z.B. der NDF-Verdaulichkeit noch nicht mal berücksichtigt.

Was ist weiterhin zu beachten?

Durch oft deutliche Staubbildung bei der Ernte, steigen die Aschegehalte im Häckselgut. Dies kann neben einer Verdünnung auch unerwünschte Effekte auf Futtermittelhygiene und –verluste haben. Weiterhin finden wir in Trockenjahren weniger Protein und Phosphor in den Grobfuttermitteln. Dies sind dummerweise oft die teuersten Supplementierungen. Der Stickstoff zeigt sich zudem weniger löslich, was den Faserabbau in den Vormägen reduzieren kann. Bei Abbruch der Abreife finden wir mehr Zucker statt Stärke, was bei der Rationsgestaltung unbedingt berücksichtigt werden muss. Der sensorische Befund in den von uns untersuchten Beständen zeigte keinen makroskopisch sichtbaren Schimmel-, Fusarien bzw. Beulenbrandbefall. Die Siliereignung blieb durch den hohen Zuckergehalt und eine geringe Pufferkapazität ausreichend hoch. Die zuckerreichen Maispflanzen sind jedoch sehr luftempfindlich. Durch den hohen Besatz der Maispflanzen an epiphytischen Hefen, verhefen derartige Maissilagen schnell und führen zu aerob instabilen Silagen bei der Siloöffnung. Dies wird durch eine unzureichende Häckselqualität der trockenen Blätter und Lieschen zusätzlich unterstützt werden. Der hohe Zuckergehalt kann auch Essigsäurebildung, Alkohol und letztlich die Esterbildung begünstigen, was die Futteraufnahme von Wiederkäuern negativ beeinflussen kann.

Beulenbrandgefahr steigt

Während Fusarientoxine in den Trockenjahren oft ausblieben kann es trockengestresster Mais, erfahrungsgemäß mit verstärktem Beulenbrandbefall zu tun bekommen. In Abhängigkeit von Befallsgrad und befallenem Pflanzenteil, führt Maisbeulenbrand zu Ertragseinbußen und Einschränkungen des Futterwertes. Je 10 % - Befallsgrad sinkt der Trockenmasseertrag um 15 bis 20 %. Der Kolbenanteil an der Gesamtpflanze sinkt um ca. 10 %-Punkte ab. Zudem ist dessen Abreife gestört. Der Trockenmassegehalt der Körner ist dann oft bis 8 %-Punkte niedriger als im parallel stehenden gesunden Kolben. Da der Pilz insbesondere leichtverfügbare Kohlenhydrate aus Stängel und Kolben zum Wachstum nutzt, sinkt bei befallen Pflanzen der Energie- und Trockenmassegehalt und steigt der Rohfaser- und Rohproteingehalt. Die den Beulenbrand verursachenden Pilze bilden selbst keine nennenswerten Gifte. Weder bei Wiederkäuern noch bei Monogastiern sind Vergiftungsfälle nach der Aufnahme von mit Beulenbrand befallenem Mais nachgewiesen. Zum Teil wurde über eine hautreizende Wirkung und eine Reduzierung der Futteraufnahme bei erhöhten Befallsraten berichtet. Der Konserviererfolg von mit Beulenbrand befallenem Silomais ist dagegen auch bei hohem Befallsdruck kaum beeinträchtigt.
Prof. Dr. Olaf Steinhöfel, Köllitsch

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