Aktueller Futterrat vom 03.07.2018
In den Trockengebieten wird das Futter knapp
In den Trockengebieten wird das Futter knapp
Viele Landwirte klagen über Futterengpässe. Ausnahmeregelungen sind bereits bewilligt. Wie können Betriebe reagieren, die ihre Futterlücke nicht vollständig schließen können? Sind Futterzukäufe sinnvoll?
Unterhalten brauchen wir uns ausschließlich über strukturwirksame Futtermittel für Wiederkäuer. Energie- und proteinreiche Konzentrate werden sich voraussichtlich nicht verknappen, sicher aber verteuern. Aufgrund regional unterschiedlicher Betroffenheit und Reservebestände aus der letzten Ernte ist zurzeit noch ausreichend Grobfutter im Freistaat verfügbar. Diese Reserven sind jedoch sehr unterschiedlich verteilt. Ob sich ein Zukauf und ein Transport der voluminösen Grobfuttermittel sich lohnt, kann nur einzelbetrieblich bewertet werden. Wenn das Futter jedoch nicht reicht und man will nicht zukaufen, kann ja bloß die Reduzierung des Bestandes die Alternative sein. Eine GV Milchvieh braucht ca. 14 kg Grobfuttertrockenmasse und eine GV Jungrind, Mutterkuh oder Schaf ca. 10 kg Grobfuttertrockenmasse je Tag.
Macht es Sinn den Milchkuhbestand zu reduzieren?
Grundsätzlich müssen alle raufutterverzehrende Nutztiere in die Bilanz und die Überlegung zur weiteren Haltung einbezogen werden. Die Reduzierung des Milchkuhbestandes ist mit Abstand am teuersten, insbesondere wenn man den Bestand anschließend wieder aufstocken will. Es ist zunächst nicht absehbar, wo die Färsenpreise hin marschieren, wenn es mehrere tun. Schon bei aktuellen Färsenpreisen wird es wirtschaftlich eng. Geht man davon aus, dass die Schlachtkuh 600 € bringt, ich ca. 200 € Gewinnverlust aus nichtverkaufter Milch habe und knapp 800 € an Grobfutterkosten je Kuh und Jahr spare, habe ich aktuell immer noch Mehrkosten von über 500 €, um die Kuh wieder zu ersetzen. Umgerechnet auf die 50 Dezitonnen Trockenmasse Grobfutter Jahresbedarf einer Kuh, kann ich das Grobfutter immerhin für 25 € je Dezitonne Trockenmasse bzw. für 8,50 € je dt Frischmasse mit 35 % TM einkaufen. Sinnvoller ist es, wenn vorhanden, die Mutterkühe und deren Absetzer zu hinterfragen und insbesondere nur die Jungrinder aufzustellen, welche tatsächlich für die Reproduktion notwendig sind
Welche Alternativen gibt es zu Mais- und Grassilagen?
Die Mehrheit hat bereits reagiert. Die Maisstoppel ist vielerorts deutlich geringer ausgefallen, Getreidebestände wurden zur GPS umgewidmet, nach Freigabe wurden z.T. Greening-Flächen zu Futterzwecken zugelassen und Futterstroh wurde konsequent geworben. Ein höherer Stroheinsatz ist für Mutterkühe, Jungrinder und Schafe und Ziegen durchaus möglich. Für Milchrinder trifft dies nur bedingt zu, da die Leistungsgrenze der Futterrationen erheblich sinkt und dies bei Hochleistungsrindern durchaus gesundheitliche Probleme provoziert. Stroh besteht weitestgehend aus Gerüstsubstanzen mit einem hohen Anteil an Lignin, ca. 100 g je kg Trockenmasse, und besitzt deshalb nur ca. 3,5 MJ NEL je kg Trockenmasse. Außerdem tut beim aktuellen Milchgeld ein Milchverlust wirtschaftlich sehr weh. Dies soll keineswegs Initiativen ausbremsen, die Kühe konsequenter bedarfsgerecht zu versorgen. Insbesondere Altmelker und Trockensteher sind in vielen Betrieben nach wie vor überkonditioniert. Hier mehr Stroh zu nutzen, macht schon Sinn. Eine weitere Quelle für strukturwirksame Futtermittel sind klassisch die Nebenprodukte: Pressschnitzel, -treber, -pülpe oder –trester. Diese sind nicht nur Ersatzlösungen, sondern in jedem Fall hervorragend über die Milchviehfütterung zu veredeln. Aber hier heißt es zügig agieren. Die Saftfuttermittel sind in einem logistisch vertretbaren Radius um die Trockengebiete schon stark in Nachfrage. Wer hier noch Zukaufchancen hat, sollte sie nach Abwägung der Preiswürdigkeit nutzen. Aktuelle Preise können im Vergleich zum Vorjahr schon ca. 3 € pro Dezitonne höher sein. Die Einsatzrestriktionen bei Milchrindern liegen bei 20 kg Pressschnitzel, 15 kg Presstrester, 10 kg Presstreber bzw. 5 kg Presspülpe je Milchkuh und Tag.
Kann man Lehren aus dem Futterjahr ziehen?
Als erstes sollte eine konsequente Futterbilanzierung zum obligaten Handwerkzeug der Tierhalter gehören. Hier wird nach wie vor viel aus dem Bauch und aus vermeintlicher Routine entschieden. Mit Schwankungen im Futterbau sollten wir immer rechnen. Im langjähren Mittel schwanken die Gras- und Silomaiserträge in Sachsen um plus minus 15 %. Im unternehmerischen Sinne kann man diese Unsicherheiten nur durch Reservebildung kompensieren. Problematisch sind hier sicher die auf 18 Monate begrenzte UV-Beständigkeit der Silofolien und der fehlende nicht ganz billige Siloraum. Ertragsstabilisierende Maßnahmen, wie standortspezifischer Anbau von Futterpflanzen oder –sorten, Überlegungen zur Be- und Entwässerung oder zu erosionsschonenden Anbauverfahren sind oft im Fokus. Überlegungen zur Reduzierung von Verlusten an Futter gehen in der täglichen Routine aber oft unter. Viele Betriebe verlieren fast 50 % ihrer Grobfutterenergie zwischen Feld und Futtertrog und verdoppeln damit ihre Futterkosten. Weiterhin sollte sich jeder standortgebundene Unternehmer Gedanken machen, Nebenprodukte, welche in der Region anfallen, auch zu veredeln. Dies hat auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Und nicht zuletzt sollten wir jedes g Nährstoff bzw. jedes MJ Futterenergie konsequent bedarfsgerecht den Tieren vorlegen, um die Veredelungseffizienz zu verbessern. Noch immer werden unbegründet viele Nährstoffe vorgehalten. Dieses Vorhalten ist sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch und letztlich auch auf die Tiergesundheit bezogen mehr als kontraproduktiv.
Prof. Dr. Olaf Steinhöfel, Köllitsch
Ansprechpartner
Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Referat 74: Tierhaltung
Prof. Dr. Olaf Steinhöfel
Telefon: 034222 46-2200
Telefax: 034222 46-2099
E-Mail: Olaf.Steinhoefel@smekul.sachsen.de
Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Referat 74: Tierhaltung
Frank Püschel
Telefon: 034222 46-2211
E-Mail: Frank.Pueschel@smul.sachsen.de
Webseite: http://www.lfulg.sachsen.de