Aktueller Futterrat vom 08.04.2019
Erhöhte Konzentrationen des Schimmelpilzgiftes Zearalenon (ZEN) in Nebenerzeugnissen der Zuckerrübenindustrie nachgewiesen
Einige Unternehmen der Zuckerrübenindustrie haben ihre Kunden darüber informiert, dass Nebenerzeugnisse der Zuckerrübenverarbeitung mit erhöhten ZEN-Konzentrationen kontaminiert sind. So hätten beispielsweise Untersuchungen an melassierten Trockenschnitzeln ergeben, dass Gehalte bis etwa 10 mg ZEN/kg (bezogen auf 88 % Trockensubstanz, T) nachzuweisen waren, wobei die Gehalte in abgrenzbaren Partien nicht gleichmäßig verteilt seien.
Nach bisherigen Erfahrungen sind diese Gehalte als stark erhöht einzuschätzen und für Nebenerzeugnisse der Zuckerrübenindustrie bisher nicht als Problem wahrgenommen worden.
ZEN ist ein Östrogen-ähnliches Mykotoxin (Schimmelpilzgift), das Störungen im Reproduktionsgeschehen nach sich ziehen kann. Insbesondere während des Zeitraumes der Besamung sowie der Frühträchtigkeit kann es zu negativen Auswirkungen kommen (erhöhter Besamungsaufwand, embryonaler Frühtod). Da einzelne Nutztierarten sowie -kategorien unterschiedlich empfindlich auf ZEN reagieren, hat die EU spezifische, maximal tolerierbare ZEN-Konzentrationen in der Gesamtration als Orientierungswerte veröffentlicht (Basis 88 % T der täglichen Gesamtration). So sollen 0,1 mg ZEN/kg Futter für Jungsauen nicht überschritten werden, während für bereits reproduzierende Sauen Orientierungswerte von 0,25 mg/kg sowie für Kühe und Kälber von 0,5 mg/kg gelten.
Da die Verteilung von ZEN in den Zuckerrübenprodukten ungleichmäßig ist, sollte bei der Rationsgestaltung darauf geachtet werden, dass die Mischungsanteile so bemessen werden, dass die Orientierungswerte deutlich unterschritten werden. Nur so kann das Risiko minimiert werden, dass es durch sogenannte hot-spots (einzelne Teilproben einer Partie mit extrem hohen ZEN-Konzentrationen sowie möglicherweise weiteren ZEN-Formen und anderen nicht-detektierten/nicht detektierbaren Mykotoxinen) beim Mischen der Ration zu einer Überschreitung der Orientierungswerte kommt. Da die Orientierungswerte für weibliche Schweine ohnehin niedrig sind, wird unter den gegenwärtigen Bedingungen (Produkte der Ernte 2018) empfohlen, aus Sicherheitsgründen vollständig auf die Fütterung verdächtiger Zuckerrübenprodukte zu verzichten. Für die übrigen Tierarten und -kategorien wird ein Sicherheitsfaktor von 10 vorgeschlagen, so dass die Mischungsanteile von ZEN-kontaminierten Zuckerrübenprodukten so zu begrenzen sind, dass für Kühe und Kälber eine ZEN-Konzentration der Gesamtration von 0,05 mg/kg rechnerisch nicht überschritten wird. Sofern es organisatorisch möglich ist, sollte in den Besamungsgruppen auf den Einsatz kontaminierter Chargen verzichtet werden. Bei der Rationsgestaltung ist außerdem die ZEN-Kontamination der übrigen Rationsbestandteile zu berücksichtigen (insbesondere Maisprodukte). Mastbullen sind deutlich weniger empfindlich, so dass hier unter Anwendung des Orientierungswertes für Kühe und Kälber von 0,5 mg ZEN/kg auf einen Sicherheitsfaktor verzichtet werden kann.
Die Empfehlungen setzen voraus, dass die ZEN-Konzentrationen der tatsächlich auf dem Betrieb vorhandenen Chargen bekannt sind. Dazu sollten repräsentative Proben mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) analysiert werden lassen. Schnellverfahren, wie z.B. ELISA, liefern keine zuverlässigen Ergebnisse.
Die Untersuchung von Nebenerzeugnissen der Zuckerrübenverarbeitung sollte auch zukünftig fortgesetzt werden, um einen möglichen Jahreseinfluss festzustellen und um Zuckerrübenprodukte risikoorientiert in der Fütterung einsetzen zu können.
Für weitere Fragen:
Sven Dänicke, Institut für Tierernährung Braunschweig, Friedrich Loeffler Institut,
e-mail: sven.daenicke@fli.de