Aktueller Futterrat vom 03.09.2018

Wann lohnt sich ein Futtermittelzukauf?

Wann lohnt sich ein Futtermittelzukauf?

Unsere Altvorderen haben einst auf Nutztierhaltung gesetzt, um neben der Dungerzeugung für ihre Äcker, Nebenprodukte der Verarbeitung pflanzlicher Marktfrüchte weiter veredeln zu können. Dies war in Zeiten niedriger Marktpreise für Getreide und Proteinfuttermittel schnell in Vergessenheit geraten. Selbst unsere Milchrinder, die eigentlich als Wiederkäuer nicht in starker Nahrungskonkurrenz zum Mensch, Monogaster oder Biogasfermenter stehen sollten, machen ihrem Ruf keine Ehre mehr. Über 60 % unserer Milch ist ein Veredlungsprodukt des Kraftfutters. Die Turbulenzen an den Getreide- oder Ölschrotmärkten sind bekannt und in der Schweinehaltung, als direkter Veredlungszweig dieser Futtermittel, gefürchtet. Gegenwärtig werden bereits über 50 % der Milcherlöse durch Futterkosten aufgefressen. Hier sind Alternativen gefragt. Dies erfordert auch eine Rückbesinnung auf alte Tugenden. Zudem ist ein Blick auf die Futtermittelmärkte beunruhigend. Die witterungsbedingte Verknappung von Futtermitteln lässt die Preise steigen. Glaubt man  den publizierten Branchenmeldungen  muss mit 10 bis 30 € höheren Preisen je Tonne für die wichtigsten Einzel- bzw. Mischfuttermittel gerechnet werden. Wer Alternativen sucht muss oft schnell reagieren können.

Entscheidendes Instrument für den Futtermittelzukauf sollte neben der Passfähigkeit in der Ration und ggf. futtermittelspezifische Restriktionen die Preiswürdigkeit eines Futtermittels sein. Die Preiswürdigkeit verinnerlicht den Geldwert, den ein Futtermittel aufgrund seines spezifischen Nährstoff- bzw. Energiegehaltes zu anderen alternativen Futtermitteln besitzt. Die Preiswürdigkeit orientiert sich im Gegensatz zu Erzeugungskosten bzw. Einkaufspreisen zusätzlich am Gehalt an futterwertbestimmenden Inhaltsstoffen. Die Wahl der Parameter hängt dabei von der jeweiligen Bedeutung des Futtermittels in der Rationsgestaltung ab, z.B. ob ein Futtermittel als Proteinkonzentrat, Energielieferant oder Strukturfutter benötigt wird. Die Grenze der Preiswürdigkeitsberechnung ist dann gegeben, wenn futterwertbegrenzende Faktoren, die nicht in die Rechnung eingehen (z.B. verzehrsdepressive bzw. antinutritive Wirkungen oder hygienisch-toxikologische Abweichungen des Futtermittels), einen rein nährstoffbezogenen Austausch nicht sinnvoll erscheinen lassen. Futtermittelspezifische Restriktionen (Einsatzbeschränkungen) für die einzelnen Tierarten bzw. -Kategorien müssen grundsätzlich beachtet werden. Außerdem kann man grundsätzlich nur Futtermittel wertmäßig miteinander vergleichen, deren uneingeschränkte Austauschbarkeit in einer Futterration möglich ist. Zum Beispiel ist es nicht sinnvoll, den Nährstoffpreis für Getreide mit dem von einer Grassilage zu vergleichen, da ein Austausch ernährungsphysiologisch nur begrenzt möglich ist.


Die Berechnung der Preiswürdigkeit eines Futtermittels kann über verschiedene mathematische Wege erfolgen und hängt von der Anzahl der zu berücksichtigenden Futterwertkennzahlen ab. Je mehr Futterwertkennzahlen beim Vergleich von Futtermitteln berücksichtigt werden sollen desto komplizierter wird der rechnerische Weg, welcher bei mehr als 3 Kennzahlen nur noch über Optimierungsprogramme mit dem Computer gegangen werden kann. Derartige Programme werden in der Misch- und Mineralfutterindustrie angewendet und können über Fütterungsberater oder Untersuchungsstellen für Landwirte genutzt werden.

Wenn der Zweck des angestrebten Futtermittelaustausches von vorn herein auf nur einen bestimmten Nährstoff bzw. den Energiegehalt gerichtet ist, z.B. wenn zwei Proteinkonzentrate miteinander verglichen werden sollen, ist die Preiswürdigkeit durch den Bezug des aktuellen Einkaufpreises auf die Nährstoffeinheit am einfachsten zu ermitteln. Dieser Vergleich ist häufig zu finden wenn z.B. Futtergetreide, Mischfutter mit vergleichbarer Deklaration oder Einweißfuttermittel untereinander verglichen werden. Die Kennzahl für die Preiswürdigkeit ist dann der €-Betrag des Preises bzw. der Erzeugungskosten bezogen auf z.B. 10 MJ NEL bzw. ME oder auf ein kg Rohprotein bzw. Lysin (Divisionsmethode).

Zum Beispiel, wenn die Frage steht ob Futtergerste (7,45 MJ NEL und 0,20 € je kg) energieäquivalent durch Körnermais (8,09 MJ NEL und 0,28 € je kg) in einer Milchviehration ausgetauscht werden kann, muss gegen den Austausch votiert werden, da 10 MJ NEL aus Gerste 0,27 € und aus Mais 0,35 € kosten würden. Ein kg Mais dürfte demnach maximal 0,33 € kosten, um gegenüber Gerste ein preiswürdiger Ersatz zu sein. Ganz anders wäre dies zu beurteilen, wenn die Stärkerestriktion in der Ration bereits grenzwertig wäre, denn käme der Preis für beständige Stärke in Spiel. 1 kg beständige Stärke aus Gerste kostet unter den beschriebenen Konstellationen mehr als 3 € und bei Körnermais nur 1 €.
Prof. Dr. Olaf Steinhöfel, Köllitsch

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