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Bodenabtragssimulation mit dem Programm EROSION-3D

Einführung

EROSION-3D ist ein physikalisch-begründetes Prozessmodell zur Prognose der durch natürliche Einzelregen oder Niederschlagsreihen verursachten Bodenerosion in Wassereinzugsgebieten. Die theoretischen Grundlagen des Modells wurden von Schmidt (1991) am Institut für Geographische Wissenschaften der FU Berlin entwickelt und zunächst in das auf ein ausgewähltes Hangprofil anwendbare Prognosemodell EROSION-2D umgesetzt. Die PC-gestützte Einzugsgebietsversion EROSION-3D wird seit 1995 von Dr. von Werner (http://www.bodenerosion.com/) entwickelt und wird u.a. vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie insbesondere zur Bewertung von ackerbaulichen Bodenbearbeitungsverfahren im Hinblick auf ihre abflussverzögernde und erosionsmindernde Wirkung angewendet.
Die Modelle EROSION-2D und EROSION-3D sind im Rahmen umfangreicher Feldversuche (Bodenerosionsmessprogramm Sachsen) in den Jahren 1992 bis 1996 in Zusammenarbeit mit der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft, dem Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie, der TU Bergakademie Freiberg und der TU Karlsruhe validiert worden. Beide Modelle werden seit 1996 in der landwirtschaftlichen Offizialberatung des Landes Sachsen eingesetzt und sind seitdem zur Erosionsabschätzung in zahlreichen Projekten erfolgreich angewendet worden.
Das Einzugsgebietsmodell EROSION-3D ist bis zu einer Flächengröße von etwa 400 km2 anwendbar. Die maximale Auflösung des durch Rasterzellen dargestellten Landschaftsausschnittes beträgt 1 m, liegt aber - in Abhängigkeit von der Genauigkeit des Geländemodells - üblicherweise zwischen 5 und 20 m. Die Simulation einzelner Niederschlagsereignisse erfolgt in Zeitschritten von jeweils 10 min Dauer. Zur Berechnung des langfristigen Bodenabtrags können Serien aus einer beliebigen Anzahl einzelner Niederschlagsereignisse (Sequenzen) simuliert werden.

Anwendungsbereiche

Spezielle Fragestellungen, zu deren Untersuchung das Modell insbesondere geeignet ist, sind:

  • Identifizierung und Bewertung diffuser Eintragsquellen und -pfade,
  • Prognose des flächenhaften Bodenabtrags und des gewässerabschnittsbezogenen Sedimenteintrags,
  • Prognose des durch Starkregenereignisse produzierten Oberflächenabflussvolumens (Direktabflussanteil),
  • Bewertung von landwirtschaftlichen Bodenbearbeitungs- und Anbauverfahren im Hinblick auf ihre abflussverzögernde und erosionsvermeidende Wirkung (Wasser- und Stoffretention),
  • Bemessung und Bewertung wasserbaulicher und/oder kulturtechnischer Maßnahmen (z.B. Flurgehölzstreifen, begrünte Tiefenlinien, Fahrwegen, Sammelgräben, Gewässerrandstreifen, Rückhaltebecken) unter den o.g. Gesichtspunkten sowie
  • Schätzung der durch selektive Transportprozesse verursachten Sediment- und Schadstoffanreicherung partikulär gebundener Substanzen (z.B. Schwermetalle).

Damit kann das Modell insbesondere angewendet werden im Rahmen

  • der ackerbaulichen Anbauplanung und behördlichen Fachberatung,
  • der Bewertung von Flurordnungs- und Hochwasserschutzmaßnahmen hinsichtlich ihres stofflichen und hydrologischen Retentionsvermögens,
  • der Bewertung der Erosionsanfälligkeit gestalteter Landschaftsbereiche (z.B. Rekultivierungsflächen, Deponieabdeckungen, Böschungen, Halden),
  • von Emissions- bzw. Immissionsuntersuchungen sowie Stoffbilanzierungen und
  • der gewässerökologischen Sanierungs- und/oder Renaturierungsplanung.

Modellkomponenten

Geographisches Informationssystem (GIS-Modul)

EROSION-3D besteht aus zwei Hauptkomponenten. Die Preprocessing-Komponente mit GIS-Modul dient der digitalen Reliefanalyse, welche insbesondere Voraussetzung zur Berechnung der Abflussrichtungen im Gelände ist. Diese Komponente umfasst die folgenden Werkzeuge:

  • Erzeugung der Geländeoberfläche (Raster) aus den Höhendaten des digitalen Geländemodells (z.B. ATKIS-DGM, terrestrische Vermessung),
  • Suche und Auffüllung der durch die modellinterne Generierung der digitalen Geländeoberfläche (DGM) aus den Höhendaten eventuell künstlich erzeugten Hohlformen,
  • Berechnung der flächenhaften Abflussverteilung bzw. konzentrierten Abflussbahnen zu den jeweils tieferliegenden Nachbarzellen,
  • Berechnung der zu jeder Rasterzelle gehörenden Einzugsgebietsfläche und Fließweglänge (Abflusskonzentration),
  • Schwellenwertberechnung zur Bestimmung des Anfangs konzentrierter Abflussbahnen (Vorfluter) und
  • Bestimmung der Wasserscheidenlage und des Einzugsgebietsauslasses.

Durch die GIS-Komponente wird insbesondere auch die Schnittstelle zu anderen  Informations- und Simulationssystemen hergestellt und die Übergabe der Eingabe- und Ergebnisdaten von bzw. zu diesen gewährleistet.

Simulationsmodul

Die Processing-Komponente von EROSION-3D führt die eigentlichen Simulationsrechnungen durch und berücksichtigt u.a. die folgenden Teilprozesse der Bodenerosion:

  • Niederschlagsinfiltration (Green-Ampt-Ansatz),
  • Abflussbildung (Infiltrationsüberschuss und Muldenrückhalt),
  • Ablösung der Bodenpartikel von der Bodenoberfläche in Folge des Aufschlags der Regentropfen (Splash) und der Scherkraft des Obeflächenabflusses,
  • Partikel- und daran gebundener Schadstofftransport sowie Deposition (differenziert nach 9 Bodenartenklassen) in Abhängigkeit von der Transportkapazität des Oberflächenabflusses,
  • Partikelanreicherung entlang des Transportweges sowie Sedimentrückhalt in Stauhaltungen,
  • Wintererosion (Bodengefrornis und Wasserhaushalt der Schneedecke),
  • Langfristige Änderung des Oberflächenreliefs durch Bodenabtrag,
  • Modifizierung der Abflussrichtung in Folge der Bodenbearbeitungsrichtung,
  • Abflussretention durch kleine Staubecken und Fangdämme.

Eingabeparameter

Boden

Eine geringe Anzahl von Eingabeparametern war eine wichtige Vorgabe bei der Entwicklung von EROSION-3D. Für die Simulation eines Einzelregens benötigt das Modell die folgenden Eingabeparameter:

Bestimmung über DATENFINDER-Eingabeprogramm (relationale Datenbank)

  • Bodenart (KA4-Name)
  • Landnutzungsart (div. Kategorien)
  • Monat (Name)
  • Bodenbearbeitungsart (div. Kategorien)
  • Anfangswassergehalt (niedr./mittel/normal)
  • Bodenzustand (norm./verd./gelock.)
  • Entwicklungszustand des Pflanzenbestandes (gut/lückig/dicht)
  • Mulchgehalt (%)

 

Manuelle Eingabe

  • Lagerungsdichte (kg/m3)
  • Anfangswassergehalt (Vol.-%)
  • Organischer Kohlenstoffgehalt (Gew.-%)
  • Erosionswiderstand (N/m2)
  • Hydraulische Rauigkeit n (s/m1/3)
  • Bodenbedeckungsgrad (%)
  • Korngrößenverteilung für 9 Bodenarten (Gew.-%)
    (Feinton bis Grobsand gemäß DIN)
  • Skinfaktor zur boden- und landnutzungsabhängigen Kalibrierung der hydraulischen Leitfähigkeit

Relief

  • x,y,z-Koordinaten (m)
    (z-Koordinaten mit aus der Rasterweite implizit abgeleiteten x,y-Koordinaten)

Niederschlag

  • Niederschlagsdauer (min)
  • Niederschlagsintensität (mm/min)
  • Anzahl der Niederschlagsstationen

Die jeweiligen Eingabeparameterwerte können aus den folgenden Datengrundlagen abgeleitet werden:

  • Digitales Reliefmodell (z.B. digitalisierte TK, ATKIS-DGM),
  • Digitale Bodenkarte (z.B. BK50, Reichsbodenschätzung),
  • Digitale Landnutzungskarte (z.B. ALK, ATKIS-DLM, digitalisierte TK, Orthophotos) mit den für den Untersuchungszeitraum repräsentativen Nutzungsgrenzen und nutzungsbezogenen Sachdaten,
  • Regenschreiberaufzeichnungen (Intensitäts-Dauer-Intervalle) mit einer Auflösung von 10 min oder höher,
  • Schätzwerte aus dem Benutzerhandbuch (Schmidt et al. 1996).

Aus diesen Grundlagendaten werden die Eingabeparameter für jede Rasterzelle zusammengestellt und als Grid-File durch EROSION-3D gespeichert. Die speziellen Bodenparameterwerte können wahlweise direkt durch Editieren und Bearbeiten des entsprechenden Sachdatensatzes eingegeben, oder – interaktiv – durch Spezifizierung entsprechender Landnutzungszustände mit Hilfe des Datenbank-Hilfsprogramms DATENFINDER in konkrete Werte umgesetzt und abgefragt werden.
Idealerweise sollten - insbesondere für größere Einzugsgebiete – beobachtete und hochaufgelöste Abfluss- und Sedimentmessungen verfügbar sein, um das Modell kalibrieren zu können.

Ausgabeparameter

Für jede Rasterzelle des Untersuchungsgebietes berechnet EROSION-3D die folgend aufgeführten Ausgabeparameter:

Einzelzellenbezogene Parameter (beliebige Flächenzelle) Einheiten

  • Erosion, Deposition (Sedimentbilanz, kg/m2)
  • Abflussvolumen (m³/m)

Gerinnebezogene Parameter (beliebige Zelle im Vorfluternetz) 

  • Spezifisches Abflussvolumen aus dem Einzugsgebiet des Vorfluternetzes (m³/m)
  • Spezifischer Sedimentzufluss in das Vorfluternetz (kg/m)
  • Nettoerosion im Einzugsgebiet des Vorfluternetzes (t/ha)
  • Ton- bzw. Schluffanteil des eingetragenen Sediments (Gew.-%)

Einzugsgebietsbezogene Parameter (beliebige Zelle im EZG) 

  • Zufluss aus dem jeweiligen Einzugsgebiet (m³/m)
  • Sedimentzufluss aus dem jeweiligen Einzugsgebiet (kg/m)
  • Sedimentkonzentration (kg/m3)
  • Tonanteil des transportierten Sediments (Gew.-%)
  • Schluffanteil des transportierten Sediments (Gew.-%)
  • Gesamtaustrag aus dem Zelleinzugsgebiet, differenziert nach 9 Korngrößenklassen (kg/m)
  • Durchschnittlicher Abtrag innerhalb des jeweiligen Zelleinzugsgebietes (t/ha)
  • Durchschnittliche Deposition innerhalb des jeweiligen Zelleinzugsgebietes (t/ha)
  • Durchschnittlicher Austrag (Nettoerosion) aus dem jeweiligen Zelleinzugsgebiet (t/ha)

Die Ergebnisse können durch Auswahl einer beliebigen Rasterzelle per Maus auf der Erosionsprognosekarte abgerufen werden, die von EROSION-3D nach Beendigung eines Simulationslaufes direkt am Bildschirm ausgegeben werden kann.
Weitere Optionen der Ergebnisdarstellung sind unter anderem die Darstellung des Bodenabtrags als schlagflächenbezogener Durchschnittswert für das simulierte Einzelereignis bzw. als akkumulierter Wert bei Langfristsimulationen sowie die Rasterdarstellung des Oberflächenabflussvolumens für jeden Zeitschritt (10 min) der Ereignissimulation.
Bei sequenzieller Darstellung der mit den jeweiligen Niederschlagsereignissen verbundenen Bodenabträge können – auf Grundlage der vorhandenen landwirtschaftlichen Managementsysteme - angepasste Bodenschutzmaßnahmen entwickelt werden. Für weiterführende Auswertungen ist der Export und die Bearbeitung mit einem Geographischen Informationssystem sinnvoll, um die Erosionsprognosekarte mit weiteren Informationsschichten (z.B. Höhenlinien, Wasserscheiden, Frucht-, Bodenarten) auswerten zu können. Die als Grid-Dateien gespeicherten Ergebnisse können über die GIS- bzw. Datenbankschnittstelle für andere Anwendungen (z.B. Kataster-GIS, Niederschlags-Abfluss-, Gewässerqualitätsmodelle) zur Verfügung gestellt werden.

Bedienung

EROSION-3D verfügt über eine graphische Benutzeroberfläche, von der aus sämtliche Befehle über Pull-Down-Menüs und Schaltflächen ausgeführt werden. Über diese können ebenfalls durch die mit Hilfe eines geographischen Informationssystems (z. B. ArcView®, GRASS®) extern erzeugten Eingabedateien aufgerufen und für die Simulation bereitgestellt werden. Alle weiteren Schritte der Geländedatenaufbereitung, der Simulation und der Ergebnisdarstellung können interaktiv am Bildschirm gesteuert werden.

Das Modell kann unter den PC-Betriebssystemen ab Windows95® eingesetzt werden.

Datenformate

EROSION-3D verwendet folgende Datenformate für die Parameterein- und -ausgabe:

Rasterformate (Arc/Info® Ascii/binary, Grass Raster, Surfer® 6)
Vektorformate (ArcView® Shape)
Tabellen (CSV (ArcView®, Excel®), DBF (ArcView®, Excel®, dBase®))
siehe Anwendungsbeispiel:

Literatur und weiterführende Informationen

Schmidt, J. (1991): A mathematical model to simulate rainfall erosion. In: Catena Supplement 19, S. 101-109.

Schmidt, J., von Werner, M.; Michael, A., Schmidt, W. (1996): Erosion-2D/3D: Ein Computermodell zur Simulation der Bodenerosion durch Wasser. Dresden/Freiberg, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft/Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, 240 S.

TU Freiberg, Internetauftritt der Interessengemeinschaft Erosion 3D: http://tu-freiberg.de/fakult3/bodenschutz/index.html

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