Seminar »Ökologische Bienenhaltung« am 19.11.2013 in Kowary / Polen
Eindrücke von der Veranstaltung
Das Seminar zur ökologischen Bienenhaltung fand im polnischen Imkereibetrieb »Wojków« in Kowary, am Fuß des Riesengebirges, statt. Neben Vertretern der Projektpartner und der Bienen-Forschung nahmen hauptsächlich sächsische und niederschlesische Imker an der Veranstaltung teil.
Zuerst bekamen die Teilnehmer Einblick in die aktuelle Bienenforschung in Deutschland. Das Länderinstitut für Bienenkunde in Hohen Neuendorf bei Berlin ist ein Zentrum der Apidologie (= Bienenforschung, -kunde) in Deutschland. Forschungsschwerpunkte sind vor allem Bienenkrankheiten und Bienenzüchtung. Auch bei deren über 300 Bienenvölkern treten immer wieder hohe Winterverluste auf. Dabei spielt der Befall mit den eigentlich aus Asien stammenden Varroa-Milben eine besondere Rolle, da diese nicht nur die Brut direkt schädigen und damit die nächste Bienengeneration, sondern zusätzlich auch noch virale Krankheitserreger übertragen können. Daher steht die Züchtung Varroa-toleranter Bienenvölker im Vordergrund, d.h. Bienen, die durch ein besonders ausgeprägtes Putzverhalten selbst wirksam gegen die Parasitenplage vorgehen können. Der Vortrag zeigte eindrucksvoll, wie aufwendig und langwierig diese Aufgabe ist und dass die europäische Honigbiene momentan ohne die imkerliche Varroa-Bekämpfung nicht überleben könnte.
In der Diskussion wurden weitere Möglichkeiten eingebracht, wie die Züchtung von Bienenstämmen, die Abwehrstoffe produzieren oder das Ersetzen der europäischen durch die asiatische Honigbiene, die am besten mit den Varroa-Milben zurechtkommt. Es zeigte sich aber, dass die Nachteile dieser Ansätze überwiegen oder nicht zu einem dauerhaften Erfolg führen würden und die Varroa-Toleranz-Züchtungsforschung der aktuell vielversprechendste Weg ist, das Varroa-Problem zu lösen.
Obwohl die Bienenhaltung und Imkerei an sich schon eine sehr umweltfreundliche Tierhaltungsform ist, gibt es in der zertifizierten ökologischen Bienenhaltung eine ganze Reihe an Vorschriften einzuhalten, wie exemplarisch an den in Polen geltenden Zertifizierungsvoraussetzungen gezeigt wurde. Das betrifft vor allem die verfügbaren Trachten im Umkreis der Stöcke, die Zufütterung sowie die Krankheitsprophylaxe und –behandlung.
In Polen kann die Mehrzahl der Imker – wie auch Deutschland – nicht von der Imkerei leben, sondern betreiben diese als Nebenerwerb oder reines Hobby. Der Anteil der Öko-Imker ist dabei verschwindend gering. Während diese in Polen sich eher als »Einzelkämpfer« sehen, gibt es in Deutschland bereits eine aktive Gemeinschaft, die sich organisiert und gegenseitig unterstützt. Auch gibt es eine wachsende Nachfrage nach Bio-Produkten und damit einen Absatzmarkt für Bio-Honig. In Polen finden sich Konsumenten für den teureren Bio-Honig nur in Großstädten oder Ballungsräumen – die Absatzmöglichkeiten sind also deutlich schwieriger.
Anhand zweier Praxisbeispiele konnte man dann konventionelle und ökologische Bienenhaltung vergleichen. Für den gastgebenden Imker lohnt sich eine Zertifizierung nicht, da es im ländlichen Raum kein zahlendes Publikum für den Bio-Honig gibt. Zudem ist es schwierig, in der Region ökologische Bienenweiden zu finden. Darüber hinaus könnte er auch seine Styroporbeuten nicht verwenden, mit denen er sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Diese sind nicht nur leicht und gut dämmend, sondern lassen sich auch als Baukastensystem mit einer Vielzahl unterschiedlicher Einheiten flexibel um- und ausbauen.
Das Problem schadstofffreie Trachtpflanzen zu finden, kennt auch der ökologische Imker aus Sachsen. Daher hat er nach mehreren Misserfolgen bis hin zum Totalverlust an intensiv genutzten Landwirtschaftsflächen umgestellt auf eine ökologische Wanderimkerei.
Neben der auch in Niederschlesien verbreitenden Direktvermarktung in Hofläden oder auf regionalen Märkten – wie in beiden Praxisbeispielen, beschäftigen sich immer mehr sächsische Imkern auch mit »Öffentlichkeitsarbeit«. Mittels sogenannter Schaubeuten kann so die Imkerei und die Lebensweise eines Bienenvolkes interessierten Konsumenten, Kinder- und Schülergruppen nähergebracht werden.
Eine in doppeltem Sinne „junge“ Form der Bienenhaltung ist die Stadtimkerei, die immer mehr an Bedeutung gewinnt und vor allem für junge Bienenfreunde als Einstieg in die Imkerei attraktiv ist.
Nach so viel Imkerei zum Hören, Sehen und Diskutieren, war es dann Zeit für Imkerei zum Anfassen und Schmecken. Neben dem Gastgeber brachten auch einige teilnehmende Bienenhalter eigenen Honig zur Verkostung mit und erklärten die jeweiligen Herkunftsbedingungen und Unterschiede.
Der Imkerbetrieb »Wojków« liegt malerisch am Fuße des Riesengebirges mit Blick auf die Schneekoppe. Foto: C.Dressler
Imker aus Sachsen und Niederschlesien nahmen an dem zweisprachigen Seminar teil. Foto: C.Dressler
Bei der Führung vor Ort wurde auch das Baukastensystem der Styroporbeuten demonstriert. Foto: C.Dressler
Ansprechpartner im LfULG
Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Abteilung 7: Landwirtschaft
Dr. Eberhard Bröhl
Telefon: (035242) 631 7000
Telefax: (035242) 631 7099
E-Mail: Eberhard. Broehl@smul.sachsen.de
Webseite: http://www.smul.sachsen.de/lfulg
Partner im Projekt
DODR - Niederschlesisches Beratungszentrum für Landwirtschaft, Wrocław/Breslau (Leadpartner)
Webseite: www.dodr.pl
EKOCONNECT - Internationales Zentrum für Ökologischen Landbau Mittel- und Osteuropas e. V., Dresden
Webseite: http://www.ekoconnect.org/