Aktueller Futterrat vom 05.11.2018
Hochtoxisches Gas aus dem Silo
Hochtoxisches Gas aus dem Silo
Die Silomaissilierung ist Geschichte. Viele Betriebe berichten über eine verstärkte Gasbildung nach der Einsilierung und über dem Austritt gelb-bräunlicher Gase. Dieses Phänomen ist üblicherweise bei Silomais sehr selten. Nach der mikrobiellen Veratmung des Restgehaltes an Sauerstoff und der Bildung von Kohlendioxid, Wasser und Wärme im Futterstock, beginnt die sogenannte Hauptgärphase. Die Pflanzenzellen sterben innerhalb der ersten 3 bis 4 Tage ab. Pflanzeneigene Enzyme bereiten die Nährstoffe für die Mikroorganismen auf. Der Stapel fällt merklich in sich zusammen. Neben dem Einsinken des Futterstocks kommt es oft zu einer intensiven Gasbildung. Die Abdeckfolie kann sich dabei ballonartig aufblähen. Dies ist eigentlich ein gutes Zeichen, da damit die Dichtheit der Abdeckung angezeigt ist.
In keinem Fall darf der Versuch unternommen werden, das Gas abzulassen. Dies kann lebensgefährlich sein. Jegliches Einatmen oder Hautkontakt ist unbedingt zu vermeiden. Im Gasgemisch könnten hochgiftige nitrose Gase (NOx) enthalten sein. Diese entstehen bei Sauerstoffabschluss durch die Reduktion von Nitrat bzw. Nitrit. Nitrose Gase haben bei höherer Konzentration einen beißenden, stechenden Geruch, sind eben gelb-bräunlich gefärbt, schwerer als Luft und treten daher oft am tiefsten Rand der Abdeckfolien aus. Nach dem Einatmen wirken sie bei Mensch und Tier insbesondere auf die tieferen Atemwege und die Lunge. Der Kontakt mit den Schleimhäuten kann zu einer schweren Schädigung der Schleimhäute, der Atemwege und des Lungengewebes führen. Dies ist durch die Bildung von Salpetersäure provoziert, welche in der Lunge schwere Verätzungen mit Lungenödemen verursachen kann. Zunächst werden oft nur unspezifische Symptome wie Schleimhautreizungen, Husten, leichte Atemnot, Schwindel, Kopfschmerzen oder Übelkeit auftreten.
Da die Symptome nicht immer auftreten und oft nicht als ursachenspezifisch identifiziert werden, sind sie besonders tückisch und als Warnsignal oft ungeeignet. Wenn erst deutliche Atemnot, blassbläuliche Verfärbung der Haut, Erbrechen sowie ein zunehmendes Angst- und Erstickungsgefühl wahrgenommen wird, ist es meist zu spät. Denn typisch ist, dass diese Symptome oft erst nach einigen Stunden bis wenigen Tagen auftreten und trotz dieser Verzögerung noch tödlich wirken können.
Der Gehalt an nitrosen Gasen kann bei der Maissilierung mit abgebrochener Photosynthese und ausreichender N-Düngung, eine typische Folge des Wassermangels, verstärkt auftreten. Als positiven Nebeneffekt ihrer Entstehung ist eine clostridienhemmende Wirkung zu erwarten. Die Produktion nitroser Gase ist auf etwa fünf bis sieben Tage beschränkt. Wenn die Gase nicht entweichen können, werden sie normalerweise im weiteren Silierverlauf innerhalb der folgenden etwa sechs Wochen wieder abgebaut. Nach der üblichen Reifephase der Silage von mindestens 40 Tagen, besteht keinerlei Gefahr mehr bei der Siloöffnung.
Prof. Dr. Olaf Steinhöfel, Köllitsch