Aktueller Futterrat vom 20.09.2018
Im Staub lauern Gefahren
Im Staub lauern Gefahren
Prof. Dr. Olaf Steinhöfel und Dr. Ingo Müller, LfULG
Das aktuelle Bild ist schon besorgniserregend genug. Rinder weiden auf Flächen, welche nur mit viel Fantasie noch als Grünland zu bezeichnen sind. Der aktuell in vielen dürregeschädigten Betrieben vorhandene akute Grobfuttermangel, zwingt dazu, die Weidetiere auf Flächen zu treiben, welche üblicherweise nicht als Weide geeignet sind. Der Oberboden auf dem gestressten Grünland ist staubtrocken, flachwurzelnde Gräser sind verdorrt. Dies hinterlässt erhebliche Lücken in der Grasnarbe mit möglichen Folgen.
Starke Futterverschmutzung
Durch Winderosion und durch Tier- und Technikbewegung werden erhebliche Staubwolken erzeugt. Das wenige Futter noch vorhandene verschmutzt sehr stark. Sollte es regnen ist der Boden derzeit kaum in der Lage das Wasser aufzunehmen. Zwar kann der Regen Staubablagerungen von den Pflanzen waschen, aber über Spritzwasser, Verschämmungen, abgelagertes Erosionsmaterial oder Bodenaufwürfe durch Klauentritt oder Reifen ist eine zunehmenden Verschmutzung des Futters nicht ausgeschlossen. Also nicht genug, dass den Weidetieren das Futter fehlt. Wir müssen auch davon ausgehen, dass durch die weithin sichtbare Staubentwicklung das wenige Futter zusätzlich verschmutzt wird. Darüber hinaus wird durch große Lücken in der gestressten Grasnarbe bzw. durch Nachweiden auf Ackerflächen viel Erde von den Tieren aufgenommen. Das ist nicht unbedenklich. In der anhaftenden bzw. direkt aufgenommenen Erde können sich je nach Standort unerwünschte organische und anorganische Stoffe befinden. Dies kann zu gravierenden Beeinträchtigungen der Futterkonservierung, der Tiergesundheit und letztlich des Verbraucherschutzes führen. Besonders problematisch sind Flächen, welche bekanntermaßen geogen oder durch Überschwemmungen belastet sind oder welche durch Emissionen aus Siedlungen, Deponien, Verbrennungsereignissen, Industrie oder Verkehr unter Verdacht stehen belastet zu sein. Hier sollte aktuell jede Futterverschmutzung vermieden werden.
Gefährliche Lücken
In den Lücken der Grasnarbe finden sich schnell futterwertschwache Pflanzen und Kräuter, wie Gemeine Rispe, Löwenzahn oder Bärenklau, die diese schnell schließen. Auch die derzeit aufkeimende Diskussion um das vermehrte Auftreten von Jakobskreuzkraut, wird durch die aktuelle Situation begünstigt. Die äußerst giftige und gefürchtete Futterpflanze, ob grün, siliert oder getrocknet, ist reich an Pyrrolizidinalkaloiden und zeigt sich äußerst robust und breitet sich aktuell stark aus. Hier sollten sich nicht nur Pferdehalter besorgt zeigen. Dabei sind diese Pflanzen durch viele Schadensfälle nur bekannter geworden als andere Vertreter. Gerade in der aktuellen Phase der Wetterextreme sind Grünlandbegehungen und - bonituren zwingend zu empfehlen. Lücken im Bestand sollten rasch geschlossen werden, auch wenn dies aktuell kaum realisierbar scheint. Für Nachsaaten eignet sich, aufgrund der Wuchsfreude, Konkurrenzkraft und Stickstofftoleranz, idealerweise immer das Deutsche Weidelgras. Inwieweit dies aktuell eine erfolgreiche und sinnvolle Maßnahme ist, sollte mit dem Gründlandberater diskutiert werden.
Bewirtschaftungsrestriktionen
Wichtigster Eintragspfad für Verschmutzungen ist letztlich durch die Arbeitsweise der Landwirte auf dem Grünland oder Futterflächen gegeben. Wenn sich Staubwolken bilden, muss das Fahren entweder eingestellt oder die Fahrgeschwindigkeit, trotz arbeitswirtschaftlicher Konsequenzen deutlich verringern werden. Auch ein Befahren feuchter Böden führt, hervorgerufen durch den Schlupf der Antriebsräder, zur erheblichen Narbenschädigung und Zusatzverschmutzung. Trotz der Tatsache, dass Futterengpässe drohen, darf jetzt nicht unüberlegt mit zu tiefem Schnitt reagiert werden. Auch schnell rotierende Technik sollte vermieden werden, da diese einen „staubsaugenden“ Effekt besitzt. Auch Zetter und Mähaufbereiter sollten nur im Ausnahmefall zum Einsatz kommen, um das Anhaften von Staub und Erde zu minimieren. Auf dem Grünland müssen alle Arbeitsvorgänge so durchgeführt und frequentiert werden, dass die Narben nicht weiter gestresst werden. Auf Grünlandböden, welche erhöhte Schadstoffkonzentrationen erwarten lassen, ist erstrangig das Wetter beim Schnitt entscheidend, d.h. der Reifezeitpunkt des Aufwuchses ist zweitrangig. Weder bei hoher Stauberwartung noch an Regentagen und solange Tau auf der Pflanzenoberfläche ist sollten die Flächen befahren werden. Der Schnitt sollte erst nach dem Abtrocknen des Pflanzenbestandes erfolgen. Die Schneide-, Schwader-, Wende- und Häckslertechnik muss sorgfältig dem Standort angepasst und eingestellt werden. Während in ebenen und dichten Beständen durchaus Schnitthöhen von 5 cm möglich sind, sollte bei lückigen Narben mindestens eine Schnitthöhe von 8 cm eingehalten werden. Bei den obengenannten sensiblen Standorten sollte die Schnitthöhe sicherheitshalber über 10 cm betragen. Die Feldliegezeit muss reduziert und die Arbeitsgänge des Wendens und Schwadens drastisch eingeschränkt werden. Es sollten hier verstärkt Mähaufbereiter eingesetzt werden.
Schmutzarm Silieren
Erdsilos sollten inzwischen der Vergangenheit angehören, wie auch das Abdecken von Silos mit Erde. Dies trifft insbesondere für die Standorte mit erhöhtem Gehalt an unerwünschten Stoffen im Boden zu. Silos müssen vor der Nutzung absolut sauber sein. Ein Überfahren des Futters mit den Rädern der anliefernden Fahrzeuge, ist zu vermeiden. Die Reifen des Fahrzeuges, der das Festfahren übernimmt, sind vor dem Einsatz peinlich zu reinigen. Personen, die das Silo betreten müssen, sollten Füßlinge überziehen. Das Futter sollte bei Anlieferung auf einer sauberen Bodenplatte vor dem Silo abgekippt werden und von dort mit dem Radlader zum Silo verbracht werden. Bei verschmutztem Grünfutter sind auch bei Siliermittelzusatz hohe Buttersäuregehalte in der Silage oft nicht zu vermeiden. Selbst bei Zusatz von nitrithaltigen Siliermitteln, dem gegenwärtig wirksamsten Hemmstoff gegen Clostridien, sind in Silagen sehr hohe Buttersäuregehalte aufgetreten. Verschmutzte und buttersäurehaltige Silagen sind oft stark belastet mit bodenbürtigen Clostridiensporen und Colikeimen. Durch den Verdünnungseffekt der organischen Substanz sinkt außerdem der energetische Futterwert drastisch ab. Je 10 g Rohascheanstieg in einem kg Grünfuttertrockenmasse sinkt der Energiegehalt um 0,1 MJ NEL je kg Trockenmasse ab.
Fazit
Staub- und Bodeneinträge in das Grünfutter sind grundsätzlich von Nachteil. In extremen Trockenphasen und selbst zu Beginn der lang ersehnten Niederschläge kann dieser Eintrag erhebliche Ausmaße annehmen und zu Schwierigkeiten führen. Richtig problematisch wird es, wenn in dieser Situation dann noch Schadstoffe aus dem Boden das Futter und die Weidetiere belasten. Hier muss jede Maßnahme in Betracht gezogen werden, um die Einträge soweit wie möglich zu vermeiden.