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Bonitur der Verunkrautung durch Ackerkratzdistel

Versuchsfragen

  • Bestimmt die Art und Ausprägung des Bodengefüges das Vorkommen der Ackerkratzdistel?
  • Gibt es durch mechanische Bodenbearbeitungsschritte einen Verdichtungshorizont, wo sich Wasser und Nährstoffe sammeln, von denen die tief wurzelnde Ackerkratzdistel profitieren kann?
  • Ist die rasante Etablierung der Ackerkratzdistel auf diesem Standort auf generative oder vegetative Vermehrung zurückzuführen?

Hintergrund

Die Ackerkratzdistel gehört mit ihren langen Wurzelausläufern und ihrer effektiven vegetativen und generativen Vermehrung zu den ausdauernden Problemunkräutern des Ökolandbaus. Einmal etabliert konkurriert sie mit der Kulturpflanze um Wasser und Nährstoffe und ist für den Biobetrieb durch ackerbauliche Methoden schwer zu regulieren.

Um eine erfolgreiche Strategie zur Kontrolle der Ackerkratzdistel zu entwickeln, müssen standort- und betriebsspezifische Parameter betrachtet werden. Auf dem Landwirtschaftsbetrieb von Kai Pönitz in Seifersdorf im Lösshügel- und Bergland Mittelsachsens existiert das Verunkrautungsproblem auf einer Fläche, die 2020 auf ökologische Bewirtschaftungsweise umgestellt wurde. Durch interdisziplinäre pflanzen- und bodenökologische Untersuchungen sollen die Ursachen der aggressiven Verbreitung der Ackerkratzdistel für diese Lössstandorte vertiefend erforscht werden. Dabei wurden zwei Pfade verfolgt:

  • Monitoring des Ackerkratzdistelbestandes, Wurzelbilder
  • Verifizierung der Bodeneigenschaften als möglichen Konkurrenz-Vorteil der Ackerkratzdistel

Die Darstellungen und Auswertungen der geomorphologisch-bodenkundlichen Recherche, der bodenkundlichen Felduntersuchung fand durch Dipl. Ing. Ralf Sinapius statt. Die Bodenanalytik wurde komplett durch die Staatliche Betriebs- und Umweltgesellschaft (BfUL) Standort Nossen durchgeführt.

Die bodenkundlichen Felduntersuchungen wurden auf einer von Ackerkratzdistel betroffenen Fläche des Bio-Partnerbetriebs durchgeführt. Es wurden 3 Bodenprofile präpariert in denen jeweils die Bodeneigenschaften und der Nährstoffgehalt untersucht wurden.

Im Bereich der Bodenprofile ist die Entstehungsart »LöV« (Lösslehm mit bzw. über Glimmerschiefer) vertreten. Die Zustandsstufe liegt bei 4, d. h. im mittleren guten Bereich. 
Vor dem Drillen des Klees wurde im April 2023 eine Dichte der Ackerkratzdistel von 64 Pflanzen / m2 bonitiert, im Mai nach dem Drillen wurden durchschnittlich 30 Pflanzen / m2 gezählt. Der kulturell geprägte, humose Oberboden (»Ap«) ist auf Grund der unterschiedlichen Bearbeitungsintensitäten von vor 1990 bis zur Gegenwart in drei deutlich abgrenzbaren Sub-Horizonte Ah-Ap, Ap und rAp gegliedert. Die oberen Ah-Ap- und Ap- Horizonte werden gegenwärtig in die konservierende Bodenbearbeitung (Grubber) einbezogen, wobei im Januar 2023 die letzte vor der Präparation des Bodenprofils stattfand. Der untere rAp-Horizont unterlag bis etwa dem Jahr 2000 einer Pflugbewirtschaftung.
Die Ah-Ap-Horizonte (bis ca. 10 cm) besitzen ein subnatürliches Krümelgefüge mit sehr geringer Trockenrohdichte auf Grund der hohen Durchwurzelung durch Segetalflora in Verbindung mit der flachen Bearbeitungstiefe und Gründüngung (siehe Werte in Tab.1). Bis ca. 20 cm Tiefe (Ap) ist sie mit 1,4 g/cm3 als gering einzustufen. Die unteren Ap-Horizonte (rAp) zeigen v.a. in Profil 1 deutliche Verdichtungen, was anhand der Trockenrohdichten (1,46-1,5 g/cm3) und durch das Plattengefüge verdeutlicht wurde.
Der von Staunässe geprägte Übergang zum Untergrund (ilCv-sSwd, Bt-sSwd ca. 80 zu 120 cm) ist durch hohe Trockenrohdichten und einen hohen Bodenskelettanteil (Grobboden) geprägt, wodurch die Perkolation (Bewegung) des Sickerwassers) behindert wird, was die Werte der gesättigten Wasserleitfähigkeit (kf) zeigen, die im rAp Horizont (ca. 20-30 cm) an den Grenzrichtwert von Schadverdichtung nähert (siehe Abb.4).

Als Folge einer initialen Bodenschadverdichtung erreicht die Luftkapazität der Profile 1 und 2 ab ca. 20 cm Tiefe nur 5-7 Vol% und nähert sich dem kritischen Bereich von 5 Vol%. Ebenfalls wurde für diese Horizonte ein unregelmäßiges Plattengefüge festgestellt, das auf die kulturelle Verdichtung bis 40-50 cm Tiefe verweist.
Die Luft- und nutzbare Feldkapazität verzeichnen bis ca. 30 cm mittlere bis hohe Werte (siehe Abb 5.). Der Lufthaushalt zeigt hierbei aber einen starken Rückgang für den Ap und rAp-Horizont (20-30 cm) auf einen niedrigen mittleren Bereich. Die Wasserspeicherfähigkeit besitzt bis zwischen 80 cm Tiefe mittlere Werte.

Bedingt durch den kulturell verursachten Verdichtungsbereich in ca. 10-40 cm Tiefe wird das Wurzelbild beeinflusst. Bis ca. 10 cm Tiefe herrscht überwiegend sehr starke Durchwurzelung (>20-30 Feinwurzeln/dm2) durch Segetalflora vor. Verbunden mit der Aktivität der Bodenfauna (Lumbricidae u.a.) ist der zumindest temporär subnatürliche Ah-Ap mit Krümelgefüge entwickelt, siehe Abbildung 6. Unterhalb von ca. 10 cm erfolgt mit dem Gefügewechsel zum Plattengefüge eine deutliche Verringerung der Durchwurzelung auf unter 20 Feinwurzeln/dm2.

Insgesamt korreliert die Durchwurzelung erwartungsgemäß mit der Trockenrohdichte und der Luftkapazität. Die Durchwurzelung der Segetal- und Kulturflora bewegt sich in der mittleren Tiefenstufe von 30 bis <70 cm Wurzeltiefe. Die Wurzeln der Ackerkratzdistel können den hoch verdichteten Stauhorizont bei ca. 80-90 cm erreichen. In diesem Grenzbereich von Bt-sSwd zu ilCv-sSwd kommen sonstige Wurzeln nicht vor.
Der pH-Wert als Indikator für die Nährstoffverfügbarkeit weist bis ca. 20 cm Tiefe Werte von >6 auf (Ah-Ap, Ap) und befindet sich damit im unteren optimalen Bereich. Zwischen 30-80 cm befindet sich das pH-Niveau zwischen 5,6-5,8 mit sinkender Tendenz. Unterhalb 80 cm liegen die Werte deutlich unter 5. Die Probe bei 110 cm Tiefe mit pH-Wert 4,4 liegt im Grenzbereich beginnender Al-Toxizität, befindet sich aber unterhalb des effektiven Wurzelraum. Der Ackerboden befindet sich damit für die Bodenart SL, sL bis ca. 20 cm Tiefe im optimalen Bereich (Gehaltsklasse C). Im effektiven Wurzelraum des Unterbodens (ca. 40-80 cm Tiefe) sind die pH-Werte ackerbaulich als (zu) niedrig einzustufen (Gehaltsklasse B).
Der Humusgehalt (Ct) beträgt im Oberboden (0- 35 cm) zwischen 3,2 und >1,6 M% mit abnehmender Tendenz bei zunehmender Tiefe und ist nach KA5 als »mittel bis schwach humos« einzustufen. Das C/N-Verhältnis der Oberböden beträgt zwischen 15-17 und liegt damit im ackerbaulich mittleren Bereich (<25). 
Die Nmin-Gehalte der Tiefenstufen 30-60-90 cm (Probenahme am 30.03.2023) weisen im Vergleich zu konventionellen sächsischen Böden einen sehr geringen Status auf (siehe Grunert, 2023). Dies gilt in abgeschwächter Form auch für die Smin-Gehalte. Zu geringem Teil können hierfür eventuelle Austräge durch Sickerwasserabfluss auf Grund relativ hoher Niederschlagssummen im März 2023 verantwortlich sein. Die Ammonium-Werte sind jahreszeitlich bedingt besonders niedrig
Die Makronährstoffe Stickstoff, Phosphor, Kalium und Magnesium konzentrieren sich im Oberboden bis ca. 20 cm Tiefe in den Ah-Ap und Ap-Horizonten. Während der Kaliumgehalt mit hoch und Magnesiumgehalt als sehr hoch (Gehaltsklassen D und E) einzustufen sind, weist Phosphor einen niedrigen bis sehr niedrigen Status (Gehaltsklassen A, B) auf.
 

Bodeneigenschaften Ackerkratzdistelmonitoring LWB Kai Pönitz

Auf Grund des konzentrierten Nährstoffangebotes und der deutlichen Verdichtungen beschränkt sich der Wurzelraum für Getreide u. a. Kulturarten vorrangig auf ca. 10 - 20 cm Tiefe. Die Ackerkratzdistel wurzelte in allen Profilen bis in den Unterboden. Vereinzelt wurden auch Rhizome im Staunässe-Horizont bei mehr als 80 cm Tiefe angetroffen. Ihr Wurzelverlauf zeigt an horizontalen Gefüge-Grenzflächen nur kurze Knicks in der mm-Skala. Damit verdeutlicht sich die Vitalität der Ackerkratzdistel sowie ihre Affinität zu feuchten Böden. Ein bedeutender Teil der Distelrhizome befindet sich unterhalb der allgemein üblichen landwirtschaftlichen Bearbeitung von 10-30 cm Tiefe. Die Nährstoffe konzentrieren sich in den oberen 10-20 cm des Bodens. Im Übergang von Oberboden zu Unterboden um 30 cm Tiefe existieren nur noch sehr geringe Nährstoffgehalte. Weiterhin bestehen in den verdichteten Horizonten keine Stickstoffsenken. Ein Zusammenhang der Verteilung der Nährstoffgehalte mit dem Wurzelbild der Ackerkratzdistel wurde nicht festgestellt.
Das starke Auftreten der Ackerkratzdistel auf dem Partnerbetrieb ist vermutlich nicht nur auf vegetative Vermehrung zurückzuführen. Wie in mehreren Literaturquellen beschrieben, ist die generative Vermehrung bei der Verbreitung der Ackerkratzdistel besonders in neue Areale nicht zu unterschätzen. 

Die Ackerkratzdistel kann mit ihrem kräftigen Wurzelwachstum auch verdichtete Horizonte erschließen und profitiert dort von dem Stauwasser. Somit verschafft sie sich im Hinblick auf länger währende Trockenperioden einen Vorteil gegenüber der nicht so tief wurzelnden Kulturpflanze. Jedoch konnten keine Nährstoffanreicherungen in den verdichteten Zonen nachgewiesen werden, die die Ackerkratzdistel durch ihre tiefreichenden Wurzeln aufnehmen könnte, so wie es in der Literatur beschrieben ist. Im Gegenteil ist eine Abnahme der Nähstoffe mit zunehmender Tiefe zu verzeichnen. Hohe Lagerungsdichten, geringe Luftkapazität und niedriger pH-Wert bilden anders als in der Literatur beschrieben auf diesem Standort kein Hindernis für die Bodenerschließung der Ackerkratzdistel. Die Wurzelrhizome sind unterhalb der Pflugsohle gefunden worden, wo sie sich waagerecht im Boden ausbreiten und so zu weiteren Problemen führen können. Umso wichtiger ist ein dichter Bestand an konkurrenzstarken Kulturpflanzen, um das Wachstumspotential der Distel zu verringern. Der Partnerbetrieb baut auf der Fläche mehrjähriges Futtergras an, um durch mehrmaliges Schneiden und einer permanenten Bodenbedeckung die Ackerkratzdistel zu schwächen und die Anzahl der Pflanzen zu verringern. 

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