Ackerbohnenkäfer
Bruchus rufimanus Boheman in Schönherr, 1833
In der Saatgutproduktion der Ackerbohnen ist der Ackerbohnenkäfer ein bedeutender Schaderreger. In den vergangenen Jahren wurde in Sachsen ein starker Anstieg des Befalls durch diesen Käfer festgestellt. Bisherige Bekämpfungsmaßnahmen brachten nicht den notwendigen Bekämpfungserfolg. Es ist zu vermuten, dass die Ursache der Minderwirkung im biologischen Verhaltensmuster zu suchen ist.
Ackerbohnenkäfer sind sehr gut flugfähig und in Europa weit verbreitet. Die Käfer besitzen eine Körperlänge von 4 – 5 mm. In Mitteleuropa finden sich 15 Arten der Gattung Bruchus *6. An der Innenseite der Hinterschienen existiert ein langer Zahn, der die übrige Zähnelung überragt. Zudem besitzen die Käfer rote Vorder-, schwarze Mittel- und Hinterbeine. Die basalen vier Fühlerglieder sind rotgelb gefärbt. Auf den Flügeldecken findet sich eine fleckige Behaarung. Es existiert ein auffälliger Geschlechtsdimorphismus (unterschiedliche Merkmale bei den Geschlechtern): die Mittelschienen der Männchen sind stärker gebogen als die des Weibchens. Ein zusätzliches gutes Bestimmungsmerkmal stellen die Form des Aedoeagus (Penis) des Männchens und die Form der Spermathek des Weibchens dar. Die Determination sollte durch einen Entomologen vorgenommen oder bestätigt werden.
Die Besiedlung der Ackerbohnen beginnt, wenn die Temperaturen 20°C erreichen oder übersteigen *1. Der Ackerbohnenkäfer ist univoltin (eine Generation pro Jahr) *2. Nach dem Verlassen der Winterquartiere ernähren sich die Käfer von Pollen und Nektar diverser Pflanzenarten *3, *7. Die Eiablage erfolgt im Juni einzeln, sobald sich die ersten Hülsen aus den Blüten schieben. Kurz vor dem Schlupf ist die Kopfkapsel der Larve im Ei als dunkler Punkt sichtbar (»Schwarzkopfstadium«). Die Larven bohren sich direkt ein und entwickeln sich im heranreifenden Samen. Der Embryo des Samens bleibt hierbei zumeist unverletzt. In einem Samen können sich zu Beginn mehrere weißliche Larven entwickeln *2. Treffen diese bei ihrer Fraßtätigkeit aufeinander, schädigt bzw. tötet die größere, vitalere Larve die unterlegene Larve *3. Mit Beginn der Samenreife positioniert sich die ausgewachsene Larve im Samen derart, dass sie mit dem Kopf an der äußeren Samenschale anliegt (»Fenster«). In dieser Lage verpuppt sie sich *3. Der Schlupf der Käfer beginnt bereits ab Ende Juli. Die geschlüpften Käfer suchen Blütenpflanzen auf und ernähren sich vor dem Aufsuchen der Winterquartiere (Rindenspalten, Steinhaufen, Laubstreu an Hecken und Waldrändern) von Pollen und Nektar.
- Einbohrlöcher durch die Larven (sekundäre Pilzinfektion möglich)
- Schlupflöcher (Bohrlöcher) durch die Käfer im Samen.
- Die Keimfähigkeit wird durch Ackerbohnenkäferbefall in der Regel nicht negativ beeinflusst. Die Ernte (Kornfeuchte, Einstellung der Erntemaschine, Erntetermin, Aufbereitungstechnik) beeinflusst die Keimfähigkeit.
- Der Anteil der in den Ackerbohnen überlebenden Käfer ist sehr gering und stellt kein ernstzunehmendes Ausgangspotenzial für die Neubesiedlung eines Schlages dar.
- Die im Lager schlüpfenden Käfer sind keine Gefahr, da sie sich lediglich von Pollen und Nektar ernähren.
Eine Überwachung ist durch Auszählung der Käfer pro Pflanze möglich. Entsprechend der Biologie ist nur eine Bekämpfung gegen den Käfer sinnvoll.
Bekämpfungsrichtwert: 10 Käfer pro 100 Pflanzen*4
Bekämpfungszeitpunkt ist zu Beginn des Schiebens der ersten Hülsen. Die eingesetzten Insektizide zeigten jedoch bisher keinen ausreichenden Bekämpfungserfolg.
Aktuelle Untersuchungen von Pölitz & Reike zeigen auf, dass die Käfer neben Bienen wichtige Bestäuber der Ackerbohne darstellen.
Eine bedeutende Rolle als Parasit frisch geschlüpfter Ackerbohnenkäfer (Reduktion der überwinternden Individuen) spielt Triaspis thoracicus*8. Weitere Parasiten und Parasitoide sind Eurytomidae: Eurytoma wachtli Mayr; Pteromalidae: Anisopteromalus calandrae (Howard), Dinarmus magnus (Rohwer); Trichogrammatidae: Uscana semifumipennis Girault; Braconidae: Chremylus elaphus Haliday, Triaspis luteipes (Thomson), T. obscurella (Nees), T. pallipes (Nees), T. stictostiba Martin und T. thoracica (Curtis)*2,*5. Außerdem wird die Kugelbauchmilbe Pediculoides ventricosus Newport als natürlicher Feind erwähnt*5. Da diese Milbe u. a. auch Menschen befällt, ist deren Einsatz zur Schädlingsbekämpfung in der Praxis nicht sinnvoll.
*1 Ward, R. L. & Smart, L. (2011): The effect of temperature on the effectiveness of spray applications to control bean seed beetle (Bruchus rufimanus) in field beans (Vicia faba). – Aspects of Applied Biology 106: 247-254.
*2 Rheinheimer, J. & Hassler, M. (2018): Die Blattkäfer Baden-Württembergs. Kleinsteuber Books, Karlsruhe, 928 S.
*3 Pölitz, B. & Reike, H.-P. (2019): Untersuchungen zu Biologie und Befallsdynamik des Ackerbohnenkäfers (Coleoptera, Bruchidae: Bruchus rufimanus) in Sachsen. – Gesunde Pflanzen (2019) 71, 79–85. https://doi.org/10.1007/s10343-019-00459-5
*4 Hoffmann, G. M. & Schmutterer, H. (1999): Parasitäre Krankheiten und Schädlinge an landwirtschaftlichen Nutzpflanzen. Ulmer, Stuttgart, 675 S.
*5 Liebster, G. (1941): Beitrag zur Kenntnis des Bohnenkäfers Bruchus rufimanus Boh. und Versuche zu seiner Bekämpfung. – Landwirtschaftliches Jahrbuch 90, H. 6: 917–977
*6 Brandl, P. (1981): 89. Familie: Bruchidae (Samenkäfer). – In: Freude, H., Harde, K. W. & Lohse, G. A.: Die Käfer Mitteleuropas. Bd. 10, Goecke & Evers, Krefeld, 310 S.
*7 Pölitz, B. & Reike, H.-P. (2018): Ackerbohnenkäfer (Coleoptera, Bruchidae, Bruchus rufimanus Boheman, 1833) – Beobachtungen und Erkenntnisse aus Sachsen. – DLG (Hrsg.), Produktionstechnik und Wirtschaftlichkeit, Saatguterzeugung bei Gräsern, Klee und Zwischenfrüchten, DLG e.V., Frankfurt am Main, 23–26
*8 Seidenglanz, M. & Huňady, I. (2016): Effects of faba bean (Vicia faba) varieties on the development of Bruchus rufimanus. – Czech Journal of Genetics and Plant Breeding [online]. 52(1): 22–29
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Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Referat 73: Pflanzenschutz
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