Landwirtschaftsminister begrüßt 1. Bio-Partnerbetrieb
Die Lerchenbergmühle GmbH ist der erste Bio-Partnerbetrieb des Kompetenzzentrums Ökologischer Landbau. Am 07.12.2022 wurde in Jesewitz bei Leipzig im Beisein des Landwirtschaftsministers Wolfram Günther der Vertrag zwischen den Gesellschaftern der Lerchenbergmühle GmbH Johanna Tschiersch und Robert Künne und dem Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau für die gemeinsame Zusammenarbeit unterzeichnet. Gemeinsam wollen sie sich mit der Reinigung und Aufbereitung von Gemengen und Druschfrüchten sowie der Herstellung von speziellen Mehlen beschäftigen. Das Projekt steht für eine nachhaltige Entwicklung von Wertschöpfungsketten in der Region.
»Toll, dass wir jetzt den 1. Bio-Partnerbetrieb des dieses Jahr neu gegründeten Öko-Kompetenzzentrums hier haben.«
Wolfram Günther, Sächsischer Landwirtschaftsminister
»Ich freue mich, wenn die Vision umgesetzt wird und Strukturen entstehen!«
Robert Künne, Geschäftsführer Lerchenbergmühle GmbH
Interview mit Robert Künne und Johanna Tschiersch, Geschäftsführer der Lerchenbergmühle GmbH
Nach der Vertragsunterzeichnung hat Katharina Voigt aus dem Öko-Kompetenzzentrum Robert Künne Fragen zu der Entstehung der Lerchenbergmühle GmbH sowie dem Projekt gestellt. Robert ist zudem Inhaber des Lerchenhofs, einem ökologischen Landwirtschaftsbetrieb, welcher unweit von der Lerchenbergmühle liegt. Im Verlauf des Gespräches gesellt sich Johanna Tschiersch dazu.
Katharina: Kannst du uns zu allererst etwas über dich als Person und deine berufliche Tätigkeit erzählen?
Robert: 2003 bin ich zurück auf den elterlichen Betrieb gekommen. Da hatte ich schon die Idee ökologische Landwirtschaft zu betreiben, aber mein Vater war noch weit entfernt etwas vom Betrieb abzugeben. 2017 habe ich dann zu ihm gesagt »Vater wir müssen jetzt schon mal ein bisschen Bio machen«. Wir hatten immer gehört, dass die Betriebe auf einmal komplett umgestellt werden. Aber das war nicht unsere Lösung. 2017 habe ich auf einem kleinen Teilstückchen, damals zwei Prozent der Ackerfläche, losgelegt. Da man dann direkt die Kontrollverträge und die Kosten hat, habe ich ein Jahr später zu meinem Vater gesagt »Das geht doch eigentlich, machen wir noch ein bisschen mehr?«. Er sagte »Ja, musst du entscheiden«.
Im zweiten Jahr waren es dann 30 Hektar und im dritten Jahr 75. Im Sommer 2019, im zweiten Jahr der starken Trockenheit, hat dann auch mein Vater gesagt »Mache den ganzen Betrieb«. Dann haben wir 2019 den gesamten Betrieb umgestellt. Mit der Gründung der Lerchenbergmühle konnten wir nun mit dem Kompetenzzentrum einen Vertrag zur Verarbeitung von Feldfrüchten abschließen. Mit meinem landwirtschaftlichen Betrieb werde ich zusätzlich noch einen Vertrag abschließen, aber da bin ich einer von vielen. In der Verarbeitung sehe ich noch viel mehr Potential. Wir benötigen für die Lerchenbergmühle Publicity, die wir mit dem Kompetenzzentrum bekommen. Die Presse kommt nicht zum ersten Mal, gerade die Leipziger Volkszeitung. Sie erzählt mit uns die Geschichte unseres Weges und gerade solche Anlässe wie heute sind immer wieder schön. Da kann die Entwicklung immer weiter dokumentiert werden. Ich freue mich, dass wir im Jahr 2021 in die Verarbeitung eingestiegen sind und die Lerchenbergmühle GmbH gründen konnten.
Katharina: Kannst du uns mehr über die unterschiedlichen Betriebszweige erzählen? Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Landwirtschaftsbetrieb Lerchenhof, der Lerchenbergmühle und dem Govinda Catering, welches sich auch auf deinem Hof befindet?
Robert: Das Catering ist ein eigenständiges Unternehmen von Daniel Fiskal. Ich habe initiiert, dass das Catering von Leipzig auf den Hof gekommen ist. Und so stelle ich es mir auch in Zukunft vor. Es gibt auch weiterhin Potenzial, auch wenn wir eher ein kleinerer Hof sind. Ich möchte ein Wohn- und Arbeitsumfeld mit Menschen herstellen, die in dem Bereich der Ernährung und auch der Baustoffe arbeiten. Baustoffe sind nicht fern vom Thema, da in der Landwirtschaft Rohstoffe hergestellt werden, die für ökologische Baustoffe verwendet werden können. Zum Beispiel Hanffaser. Damit baue ich auch. Ich habe Hanf angebaut, geerntet, baue damit Leichtlehmdämmungen und Zwischenwände. Ich freue mich, wenn die Vision umgesetzt wird und Strukturen entstehen. Das kann nicht alles aus meiner Hand kommen, das können eigenständige Unternehmen sein und deswegen ist das Konzept eines ökologischen Gewerbebetriebes, welches wir am Standort der Lerchenbergmühle aufbauen möchten, praktisch. Man bietet einen Raum, sodass eine ökologische Ansiedlung, Konzepte und Synergien entstehen.
Katharina: Die nächste Frage bezieht sich auf die Zusammenarbeit mit dem Öko-Kompetenzzentrum. Wie bist du auf uns aufmerksam geworden?
Robert: Ich habe relativ spät vom Kompetenzzentrum gelesen, euch gibt es ja bald schon ein Jahr. Eine Organisation hat gepostet, dass das Kompetenzzentrum Bio-Partnerbetriebe sucht. Ich habe das gelesen, da hat es gleich »klick“ gemacht. In derselben Nacht habe ich mich noch angemeldet. Ich hatte ein Gefühl, dass das sehr interessant klingt. Am nächsten Tag war direkt eine Veranstaltung bei der ich die Leute vom Kompetenzzentrum getroffen habe. Da fiel mir auf, dass das Wort Kompetenz sofort mit den Mitarbeitern vom Kompetenzzentrum untermalt wird, die ich bei der Veranstaltung getroffen habe. Da ist zum Beispiel Kerstin Großner dabei, sie ist drei Jahre mit mir als Bio-Kontrolleurin durch dick und dünn gegangen. Sie hat einige Überstunden mit mir durch. (Er schmunzelt) Und dann treffe ich zum Beispiel ehemals aus dem Bio-Verband Gäa den Christoph Müller. Da habe ich sofort gewusst – super, das sind Kollegen bei denen ich verstehe, dass das Kompetenzen sind. Der Reigen schließt sich mit Angelika Hoppe. Angelika und Christoph sind mich dann im Zusammenhang des Bio-Partnerbetriebs besuchen gekommen. Da habe ich direkt auf eine Zusammenarbeit Lust bekommen.
Katharina: Was hat dich dazu bewegt dich als Bio-Partnerbetrieb beim Öko-Kompetenzzentrum zu bewerben?
Robert: Ich verspreche mir vom Kompetenzzentrum ein Dach für die verschiedenen ökologischen Strömungen zu bilden. Ein Musterbeispiel ist der Lebensmitteleinzelhandel, welcher beim Verkauf von Öko-Lebensmitteln Land gewinnt. Die Discounter setzen derzeit mehr Umsatz mit Bio-Lebensmitteln um, als die Bio-Läden. Sie machen es den Bio-Läden schwer mit ihrer aggressiveren Werbung und Darstellung einer bunten Welt.
Früher war es andersherum, da waren wir durch die Verbände gestärkt, die Landwirte untereinander vernetzt und konnten gemeinsam an den Markt gehen. Jetzt ist es so, dass der Lebensmitteleinzelhandel seine Spielregeln setzt und uns Vorschriften macht. Das ist ärgerlich, wenn du zum Beispiel bei Rewe etwas platzieren möchtest, aber du im falschen Verband bist. Es wäre gut, wenn sich eine Stelle das anschaut und in ihren Möglichkeiten Koordinationsanreize schafft und alle an einen Tisch holt.
Katharina: Wann und weshalb haben Johanna und du den Entschluss gefasst die Mühle als zusätzliches Unternehmen aufzubauen?
Robert: Der Gedanke selber zu veredeln ist schon alt. Jedoch war ich mit anderen Sachen wie der Bio-Umstellung beschäftigt. Vor 2,5 Jahren tauchte hier ein junger Ingenieur auf dem Hof auf, der eine Perspektive aufgemacht hat. Es war eher ein Zufall und den Kontakt habe ich dann genutzt. Wir wollten die Verarbeitung nicht nur hier auf dem Hof gestalten, sondern noch eine Nummer größer. So wie eben zwei Familien das gemeinsam bewältigen können. Den Start haben wir unter anderem mit der staatlichen Förderung der Mehrwertinitiative geschafft. Der Ansatz war, dass wir nicht nur eine Mühle für uns aufmachen, sondern auch für andere biologische Landwirte als Dienstleister. Zudem schaffen wir für die Gemeinde einen Mehrwert mit einem Hofladen und Seminarraum.
Katharina: Was ist das Ziel des gemeinsamen Projektes mit dem Öko-Kompetenzzentrum?
Robert: Ich verspreche mir Kontakt zu pfiffigen Leuten, die uns bei den Versuchen unterstützen. Das ist viel Wert. Es ist nur begrenzt möglich im Betriebsalltag, Zeit für Versuche zu investieren. Wenn ich zum Bespiel in der Ernte bin, habe ich keine Zeit mich auf Spezifikationen zu konzentrieren. Die fachlichen Kräfte zusammen zu führen ist für mich sehr wertvoll.
Katharina: Welche Sorten habt ihr vor in der Mühle zu verarbeiten?
Robert: Die Hauptlinie ist sehr getreidelastig. Wir werden das klassische Getreide wie Weizen oder Roggen verarbeiten. Urkulturen wie Emmer, Dinkel, Einkorn. Hafer nach Marktlage. Diese Kulturen wie Hafer können wir zum Beispiel reinigen und von der Schale befreien, aber nicht in der Mühle weiterverarbeiten. Für die Flocken benötigt man eine ganz eigene Technik. Bei den Ölkulturen wie Sonnenblume oder Hanf ist Reinigen und Schälen denkbar und nach dem Schälen nochmal nachsortieren. Hier wollen wir uns spezialisieren. Wir wollen die Ware so gut trennen, dass diese dann zu Lebensmitteln verarbeitet werden kann. Mittelfristig können wir auch über Pressen sprechen, dass ist derzeit aber nicht relevant. Was mich interessiert ist, den Presskuchen zu nehmen und diesen dann zu vermahlen und das Protein zu extrahieren. Das Proteinmehl aus Presskuchen oder Leguminosen ist sehr lukrativ. Der Ölkuchen muss nicht in das Futter oder in die Energiegewinnung, da kann eine verbesserte Wertschöpfung geschaffen werden, zum Beispiel für Fleischersatzprodukte.
Die Leguminosen sind eine weitere große Überschrift. Diese können wir vermahlen. Das ist derzeit ein heißes Thema. Jedoch ist die Lupine eine Herausforderung, sie ist oft bitter. Bei der Erbse ist es leichter, da gibt es aber oft anbautechnische Herausforderungen.
Katharina: In den Versuchen ist geplant, Gemenge zu reinigen und zu trennen. Wie hast du bisher die Gemenge aufbereitet?
Robert: Ich habe Reinigungsmaschinen in meinem Landwirtschaftsbetrieb, aber bei Weitem nicht in dieser Größenordnung. Natürlich auch keinen Farbsortierer, den wir jetzt in der Mühle haben. Alles läuft bisher mechanisch, also Siebe, mit Wind und ein Trieur. Das hat gepasst, aber ich habe auch mit Abstrichen gelebt. Für die Eigenverwendung ist das in Ordnung, nur für den Markt schwierig. Für die Saatgutaufbereitung, für die ich 5 Tage gebraucht habe, benötige ich nun mit der Mühle ein bis zwei Tage.
Johanna kommt in den Raum und gesellt sich zu uns.Katharina: Wie habt ihr zukünftig vor die hergestellten Mehle zu vermarkten?
Robert: Hier haben wir bereits vorgearbeitet und mit Bäckereien, Cateringunternehmen und dem Lebensmitteleinzelhandel gesprochen. Wir können jedoch noch nicht konkretisieren, da wir kein fertiges Produkt haben. Wir haben noch keine Verträge, da wir sonst viel mehr zeitlich unter Druck wären, auch mit der Baustelle an der Mühle. Aber das konnten wir zum Beispiel einfach nicht beschleunigen.
Johanna: Wir haben auch das Problem, dass wir jetzt einfach keine Preise für in einem dreiviertel Jahr bestimmen können. Aber das ist das, was die Leute haben wollen. Wenn wir in die Gespräche reingehen, können wir sagen, was wir machen und das haben wir auch schon mit einigen Akteuren besprochen. Aber konkret, was, wann und was es kostet, können wir einfach betriebswirtschaftlich noch nicht absehen. Denn es ist auch immer Ernte abhängig. Da beißt sich die Katze gerade in den Schwanz. Wir sind derzeit am überlegen, wie wir das Thema anpacken können ohne uns zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Es war ja bereits am Anfang für den Businessplan notwendig vorzuweisen, dass man Interessenten und einen Absatzmarkt hat. Bereits hier haben wir angefangen mit Leuten zu sprechen, als das Ganze nur eine Idee auf Papier war.
Robert: Du musst zudem das Produkt launchen. Am besten sollte es ein echtes Happening sein, sodass alle überrascht sind und man direkt schon am Kunden ist. Das ist beim Mehl aber nicht so. Du kannst mit Mehl einfach keinen überraschen. (Er lacht) Aber eine Geschichte können wir dazu erzählen, die Geschichte vom Korn zum Mehl und die fetzt auch.
Johanna: Wir haben ja auch kein neues Produkt. Wir müssen die Geschichte erzählen und ein Verständnis erzeugen, weshalb das Mehl für den doppelten oder dreifachen Preis gekauft werden soll. Aber der Kunde weiß, das Mehl kommt aus der Region, das Getreide wächst direkt neben der Mühle und von hier wird es dann 24 km nach Leipzig gefahren.
Robert: Wir wollen auch in Kooperationen zusammenarbeiten. Zum Beispiel haben wir eine Kooperation mit einer anderen Mühle. Wir können kleinere Chargen übernehmen, vor allem für den Anfang. Wir wollen hier Dienstleister sein. Das Ziel ist, eine Eigenmarke zu kreieren und diese dann zu platzieren. Aber das braucht Zeit.
Johanna: Wir wollen auch kein Mehl für 45 Cent verkaufen. Das können und das wollen wir nicht. Das Mehl und unser zukünftige Marke ist unser Flaggschiff mit eigener Geschichte. Zudem brauchen wir Bäckerei und Gastronomiebetriebe als Großkunden, die Verarbeitung von Leguminosen und glutenfreie Produkte. Wir müssen uns extrem breit aufstellen. Und wir können nicht in den Wettbewerb mit dem konventionellen Handel treten. Wir brauchen die Sensibilität der Verbraucher für die Regionalität. Die Möglichkeit zur Mühle zu fahren und sich die nachhaltige und ökologische Verarbeitung anzuschauen.