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Biodiversität einer Agri-Photovoltaikanlage

 

Praxistipp...

  • Der Biodiversitätseffekt von senkrechten Agri-PV-Anlagen beruht auf dem darunter angelegten Grünstreifen.
  • Je artenreicher der Pflanzenbestand im Grünstreifen desto besser für die Insektenvielfalt. Heimische Wildkräuter wirken sich besonders positiv aus. 
  • Pflanzen mit einer Höhe von über 80 cm sind zu vermeiden da sie zur Verschattung der PV-Elemente führen (z.B. Malve oder Sonnenblume).
 

Versuchsfragen

  • Werden die Abundanz und die Artenvielfalt von Insekten, Fledermäusen und Vögeln durch die Agri-PV-Anlage beeinflusst?
  • Werden die PV-Elemente von Vögeln und Fledermäusen als Leitstrukturen und Nahrungshabitat genutzt?
  • Wie verändert sich die Abundanz von Laufkäfern mit steigendem Abstand zu den PV-Elementen?

Hintergrund

Gut Krauscha plant seit langem die Errichtung einer bifazialen Agri-Photovoltaikanlage. Der Anlagenbetreiber Next2Sun wird mit dem Bau der ersten Anlage im Sommer 2024 auf einem ca. 5 ha Teilschlag beginnen. In den darauffolgenden Jahren werden weitere Schläge bestückt, sodass am Ende ca. 50 ha mit Agri-PV-Anlagen bebaut sein werden. Da Agri-PV-Anlagen noch eine sehr neue Entwicklung sind, ist kaum etwas über die Auswirkungen solcher Anlagen auf die Artenvielfalt bekannt. Dieses Projekt soll Daten liefern um die Folgen für die Artenvielfalt abschätzen zu können.

In jedem Untersuchungsjahr werden vom April bis Oktober auf dem betroffenen 10 ha Schlag (PV-Fläche) die vorkommenden Arten von Vögeln, Laufkäfern, Spinnen, Fluginsekten, Fledermäusen und der Begleitflora erfasst werden. Auf der PV-Fläche werden 2 verschiedene Standorte beprobt (PV1 und PV2). Als Kontrolle wird ein naheliegender Schlag herangezogen auf dem dieselben Parameter erfasst werden (Referenzfläche (RF)). Die Untersuchungen werden 3 Jahre lang wiederholt, um Jahreseffekte zu abzubilden.

Man sieht ein Luftbild mit einer rot und eine gelb umrandete Fläche mit Symbolen für die aufgestellten Fallenarten.
schematische Darstellung der Probenahmestandorte 2023 (gelbe Linie = Bodenfallentransekte; hellgrüne Rechtecke = Malaisefallen; rote Punkte = Batcorder)  
Organismengruppe Untersuchungsmethode Intervall bzw. Häufigkeit
Laufkäfer, Spinnen

 Bodenfallen u. DNA-Metabarcoding

14-tägige Leerung
Fluginsekten

Malaisefallen u. DNA-Metabarcoding

14-tägige Leerung
Fledermäuse Bioakustik, (Verhaltensbeobachtung) kontinuierlich
Vögel Revierkartierung 8 Begehungen/Jahr
Begleitflora Vegetationsaufnahme 2/Jahr

Die Untersuchungen 2023 dienten der Erfassung des Ist-Zustandes der Fläche vor Bau der Agri-PV-Anlage, die für Sommer 2024 geplant ist.

Laufkäfer

Es konnte gezeigt werden, dass sich die Anzahl an Laufkäfern signifikant zwischen den Flächen unterscheiden. Auf der PV-Fläche waren aufgrund der eingesäten Blühmischung im Mittel mit 150 Laufkäfern deutlich mehr Laufkäfer/Falle zu finden als auf der Referenzfläche, die mit Hafer bestellt war und nur durchschnittlich 88 Laufkäfern/Falle aufwies. Auch zwischen den beiden Transekten auf der PV-Fläche bestanden signifikante Unterschiede, die auf kleinräumige, bodenklimatische Unterschiede auf der Fläche schließen lassen.

An den beiden Probenahmepunkten auf der PV-Fläche wurden je 29 Arten der Familie Carabidae gefunden, 5 davon jeweils ausschließlich an diesem Probenahmepunkt. Auf der Referenzfläche wurden 21 Arten gefunden. Auf der PV-Fläche wurden große Vorkommen am Goldpunkt-Puppenräuber (Calosoma maderae auropunctatum) nachgewiesen, die auf der Referenzfläche nicht anzutreffen waren. Der Goldpunkt-Puppenräuber kommt auf sandigen Standorten vor und ist in Deutschland eine seltene und gefährdete Art.

Boxplotdiagramm der Laufkäferanzahl je Falle und Fläche © J. Deichmann

Spinnen

Beim Vergleich der Spinnenartenanzahl (Webspinnen) stellte sich kein klares Muster zwischen PV-Fläche und Referenzfläche dar. PV1 hat hier mit 14 Arten weniger als die Hälfte an Arten von PV2 mit 36 Arten. In diesem Sinne ist die Artanzahl der Webspinnen am Probenahmepunkt PV2 auf der Blühfläche eher mit der Artanzahl der Referenzfläche mit 31 Arten zu vergleichen. Die Arten unterscheiden sich jedoch zwischen diesen beiden Punkten ebenfalls deutlich. Viele der gefundenen Spinnenarten kamen ausschießlich an PV2 vor. Der Grund für die geringe Artanzahl an PV1 ist unklar.

Fluginsekten

Die Unterschiede in der Artanzahl zwischen den beiden Flächen PV2 und RF stellen sich sehr heterogen dar. Bei den Wildbienen sind an PV2 fünf Arten mehr zu finden als auf der Referenzfläche, bei den Tagfaltern bestehen kaum Unterschiede und bei den Schwebfliegen sind auf der Referenzfläche sieben Arten mehr zu finden. Bei den Schwebfliegen wurden sehr unterschiedliche Arten auf beiden Flächen gefunden. Anhand der Artanzahl kann offenbar keine allgemeingültige Schlussfolgerung hinsichtlich der Biodiversität der beiden Flächen abgeleitet werden.

Fledermäuse

Es wurden insgesamt 13 der 22 in Sachsen vorkommenden Fledermausarten festgestellt (Mopsfledermaus, Großes Mausohr, Fransenfledermaus, Große/Kleine Bartfledermaus, Wasserfledermaus, Braunes/Graues Langohr, Zwergfledermaus, Rauhautfledermaus, Mückenfledermaus, Großer Abendsegler, Kleinabendsegler, Breitflügelfledermaus, Zweifarbenfledermaus). Das Artspektrum unterschied sich nicht zwischen den Standorten. Allerdings zeigten die Fledermäuse eine Präferenz für die PV-Fläche. Insgesamt sind auf der PV-Fläche etwa 45 % mehr Fledermausaktivitäten verzeichnet als auf der Referenzfläche, was wahrscheinlich durch das deutlich höhere Nahrungsangebot an Insekten zu begründen ist.

Weitere Informationen zu den Ergebnissen der Fledermäuse erhalten Sie im folgenden Bericht:

Vögel

Auf der PV-Fläche konnten 10 revierbesetzende Brutvogelarten mit 17 Revieren und ein regelmäßiger (planungsrelevanter) Nahrungsgast erfasst werden. Während die Feldlerche mit 8 Revieren vertreten war, konnte bei allen weiteren Arten jeweils nur ein Revier festgestellt werden.

Auf der Referenzfläche konnten 16 Vogelarten mit 51 Revieren und Bezug zu der Fläche erfasst werden. Auch hier war die Feldlerche mit 16 Revieren die häufigste Art, gefolgt von Ortolan (6), Nachtigall und Neuntöter (je 4), Dorngrasmücke sowie Goldammer und Grauammer (je 3), Feldsperling und Kohlmeise sowie Wachtel (je 2) und Amsel, Blaumeise, Baumpieper, Klappergrasmücke, Pirol und Stieglitz (je 1).

Auf beiden Flächen kommen die Feldlerche, die Grauammer und die Wachtel als Feldbrüter in einer sehr ähnlichen Dichte vor. Unterschiede zwischen den Flächen sind nur an den Randbereichen zu sehen, die sich zwischen den Flächen deutlich unterscheiden.

Die Artanalysen über Metabarcoding liefern im Flächenvergleich keine eindeutigen Ergebnisse. Um aussagekräftigere Aussagen zu erlangen, wird daher 2025 zusätzliche eine Wildbienenerfassung mit Transektbegehung durchgeführt.

Für die Bauphase im Sommer 2024 werden die Fallen auf der PV-Fläche abgebaut. Um den Effekt der PV-Elemente bzw. der darunter befindlichen Begrünung zu erfassen werden 2025 Fallen in verschiedenen Abständen zu den PV-Elementen aufgestellt. Aufgrund von veränderten Pachtverhältnissen wird die Referenzfläche aufgegeben. Stattdessen wir ein Referenzpunkt auf der PV-Fläche eingerichtet, da diese nur zum Teil mit PV-Modulen bestückt wird.

Bei der Interpretation der zukünftigen Ergebnisse sind die in 2023 gewonnen Werte hernazuziehen. Speziell der bestehende Unterschied zwischen PV1 und PV2 muss hier berücksichtigt werden. Unterschiede zwischen diesen beiden Punkten sind offenbar auf Standortunterschiede zurückzuführen und dürfen nicht dem Effekt der PV-Anlage zugeordnet werden.

Kontakt

Jennifer Deichmann

Praxislabor Biodiversität

Telefon: 0352 42638903

E-Mail: Jennifer.Deichmann­@smekul.sachsen.de

Webseite: Öko-Kompetenzzentrum

Gut Krauscha

Ort Neißeaue
Öko seit 2006
Betriebsgröße 365 ha
Erwerbsform Haupterwerb
Schwerpunkt Anbau seltener Kulturen und Sorten, Biodiversität

 

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