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Praxiserprobung von Transfermulch im Kartoffelanbau

Versuchsfragen

  • Kann mit einer Mulchbedeckung jeweils aus Luzerne und einer Luzerne-Stroh-Mischung eine Bodenbedeckung bis zum Bestandsschluss erreicht werden?
  • Inwiefern haben die Zugabe von Stroh zu Luzerne und unterschiedliche Mengenverhältnisse zwischen Luzerne und Stroh Einfluss auf die Dauer der Bodenbedeckung?
  • Wie beeinflusst die Mulchbedeckung den Bodenwassergehalt sowie den Ertrag und die Qualität von Kartoffeln?
  • Wie stellt sich die Wirtschaftlichkeit des Transfermulchverfahrens gegenüber einer betriebsüblichen Verwertung von Stroh und Luzerne als Kompost dar?

Hintergrund

Der Einsatz von Transfermulch stellt für viele Landwirtschaftsbetriebe eine zunehmend interessante Option dar. Mit ihm lassen sich positive Effekte auf Nährstoffmanagement, Bodenschutz, Wasserversorgung, Ertragsqualität und Schaderregerkontrolle erzielen.

Unter Transfermulch (auch Cut & Curry genannt) wird im engeren Sinne das Ausbringen frisch geschnittener Biomasse einer Geberfläche auf eine Nehmerfläche verstanden. Im weiteren Sinne zählen auch das Silieren, Trocknen oder Kompostieren von rein pflanzlichen Materialien und deren spätere oberflächliche Ausbringung zu den Mulchverfahren. Als Mulch wird eine großflächig aufgetragene Schicht pflanzlichen Materials verstanden, das auf der Bodenoberfläche verbleibt. Die positiven Aspekte von Transfermulch sind für den Ökolandbau in Sachsen von herausgehobener Bedeutung.

Durch eine vergleichsweise geringe Tierhaltungsdichte fehlen wirtschaftliche Verwertungsoptionen für den mehrjährigen Feldfutterbau. Daher wird der Aufwuchs i. d. R. auf der Fläche belassen. Bei Klee- und Luzerneanbau wird die Stickstofffixierleistung aber durch die Abfuhr der Biomasse gefördert. Bei einer Nutzung als Transfermulch kommen die organisch gebundenen Nährstoffe als mobiler Dünger der Nehmerfläche direkt zugute.

Durch die großstrukturierte Landnutzung mit ausgeräumten Schlägen sind viele Gegenden besonders anfällig für Erosion und ungünstige mikroklimatische Bedingungen. Eine Mulchdecke kann Wasser- und Winderosion ebenso wie der Erwärmung und Austrocknung von Ackerböden angesichts steigender Spitzentemperaturen und Temperatursummen entgegenwirken. Dadurch können insbesondere im Kartoffelanbau die allgemeine Knollenqualität durch verbessertes Knollenwachstum und eine verringerte physiologische Alterung profitieren.

Eine zunehmende Anzahl von Landwirten und Landwirtinnen stellt sich die Frage, inwiefern Transfermulch in die Anbaupraxis ihrer Betriebe integriert werden kann. Angesichts dieses Interesses besteht Bedarf an Kenntnissen und Erfahrungen hinsichtlich Umsetzbarkeit und Wirkung unter Praxisbedingungen. Der Versuch hat zum Ziel, eine Bewertung der Vor- und Nachteile sowie einer allgemeinen Umsetzbarkeit und Eignung des Verfahrens unter Praxisbedingungen zu testen und zu demonstrieren.

Der viehlose Landwirtschaftsbetrieb Eckhard Voigt verfügt über langjährige Erfahrungen im Kartoffelanbau und der Kompostierung von Klee, Luzerne und Stroh. Die Kompostierung der Feldfutteraufwüchse und die vergleichsweise geringe aber alljährliche Ausbringungsmenge stehen als betriebsübliches Anbauverfahren dem Transfermulch-Verfahren im Praxisversuch gegenüber.

Versuchsparameter und Versuchsskizze

Versuchstyp Einzelversuch
Anlagetyp Streifenversuch
Prüffaktoren Bodenbedeckung mit Mulch
Faktorstufen Bodenbedeckung mit Luzerne; Luzerne/Stroh 1:0,5; Luzerne/Stroh 1:1; unbedeckte Kontrolle
Anzahl Wiederholungen 3 (randomisierte Verteilung)
Prüfmerkmale Mulchbedeckung; Bodenwassergehalt; Knollenertrag; Knollenqualität
Versuchszeitraum 2023 bis 2025
Bemerkung

Berechnung der Aufwandmenge vom Mulchmaterial: Die Berechnung für Luzernemulch je Flächeneinheit erfolgt nach N-Düngebedarf gemäß DüV auf Basis einschlägiger Literaturwerte für Ertrag und N-Gehalt. Die Aufwandmenge des Strohmulchs je Flächeneinheit (Faktorstufen 2 und 3) wird im Verhältnis zur Aufwandmenge des Luzernemulchs variiert und zusätzlich zur Luzernebiomasse appliziert.

 

Versuchsskizze  © LfULG, Rafael Bruns

Zwischenauswertung 2023

Im ersten Versuchsjahr können keine statistisch gesicherten Unterschiede zwischen den getesteten Anbauverfahren festgestellt werden. Dies trifft sowohl im Vergleich innerhalb der Mulchvarianten als auch gegenüber der ungemulchten Kontrolle zu.

Bei allen Michungsverhältnissen von Luzerne und Stroh bewegt sich die Bodenbedeckung vom Ausbringungszeitpunkt bis zum Reihenschluss und darüber hinaus auf einem vergleichbaren aber lückenhaften Niveau.

Die jeweiligen Gesamterträge aller Varianten bewegen sich auf einem vergleichbaren Niveau von rund 450dt/ha. Zwar unterscheiden sich die Varianten tendenziell im Vergleich der Ertragsanteile der einzelnen Qualitätsklassen. Jedoch überwiegt der Anteil mittelgroßer Knollen in Futterqualität mit rund 90 Prozent Ertragsanteil. Der Knollenanteil in Speisequalität bewegt sich bei 3,5-5,25 Prozent. Sowohl Gesamtertrag, als auch Knollenqualität fallen somit besser aus als in den Vorjahren.

Bei den Bodenwassergehalten lassen sich weder im Niveau noch in der Dynamik signifikante Unterschiede zwischen den Varianten feststellen. Erwartungsgemäß sinkt der Bodenwassergehalt über den Sommer und steigt gegen Ende der Vegetationsperiode wieder an. Die Nmin-Gehalte verhalten sich in ihrer Dynamik weitestgehend analog zu den Bodenwassergehalten. Beobachtete Unterschiede zwischen den Varianten sind auch hier als nicht signifikant zu bewerten.

Die ökonomische Verfahrensbetrachtung beschränkte sich im ersten Versuchsjahr zunächst auf die Verfahrensschritte der Mulchausbringung. Die angeführte Tabelle zeigt anschaulich, dass das Mulchen mit Luzerneschnitt alleine die kostengünstigste Variante ist. Mit zunehmenden Strohanteil steigen die Kosten der Mulchausbringung. Die Biomassekosten bilden in allen Varianten den größten Anteil an den Gesamtkosten.

Zwischenauswertung 2023 - Ertrag

Zwischenauswertung Ertrag © LfULG, Rafael Bruns

Zwischenauswertung 2023 - H2O Rhizoctonia

Zwischenauswertung H2O © LfULG, Rafael Bruns

Zwischenauswertung 2023 - Nmin

Zwischenauswertung Nmin

Zwischenauswertung 2023 - Ökonomie

Zwischenauswertung Ökonomie © LfULG, Rafael Bruns

Zwischenauswertung 2023

Dass im ersten Versuchsjahr keine Unterschiede zwischen den getesteten Anbauverfahren festgestellt werden können, lässt sich auf das Verfahren der Mulchausbringungen zurück führen.

Mit dem verwendeten Universalstreuer gelang es nicht, die Mulchausbringung auf die geplante Parzellenbreite zu beschränken, da rund das Doppelte der kalkulierten Streubreite erreicht wurde. Zudem führte das 2-Teller-Breitstreuwerk in Kombination mit hohen, glatten Dammflanken zu einem Wurfschatten, in dem kaum Mulch zu liegen kam. Aufgrund des Abstands zwischen den Fahrgassen konnte dieser Wurfschatten nicht durch eine Mulchausbringung in gegenläufiger Fahrtrichtung ausgeglichen werden. Eine klare Abgrenzung zwischen gleichmäßig gemulchten und vollständig ungemulchten Parzellen auf der Versuchsfläche war somit nicht möglich.

So erklären sich zum einen die geringen, nicht signifikanten Unterschiede der Nmin-Werte, Wassergehalte und Erträge zwischen den varianten. Zum anderen lassen sich tendenzielle Unterschiede nicht eindeutig auf die unterschiedlichen Mulchvarianten zurückführen. Alleine die unterschiedlich hohe Gesamt-Mulchmasse je Fläche zwischen den Varianten ohne Stroh und mit Stroh ließe einen Rückschluss auf den Effekt des Mulchens zu. Die Ergebnisse zeigen jedoch keine Tendenzen, die sich analog zum Strohanteil verhalten.

Die in allen Varianten anhaltende Mulchbedeckung bis weit nach Reihenschluss kann auf die durchgehend recht trockenen Bedingungen Frühjahr bis zum Spätsommer und damit geringe Mineralisationsaktivität zurückgeführt werden. Mit weniger Hitzetagen, geringeren Temperaturspitzen und gelegentlichen Niederschlagsereignissen stellte sich die Witterung über den gesamten Anbauzeitraum hinweg ertragsfördernder dar als in den Vorjahren. Zusammen mit ergiebigen Niederschlägen ab August konnten so die überdurchschnittlichen Erträge erzielt werden.

Die ökonomische Verfahrensdokumentation und -auswertung bildet lediglich die zusätzlichen Kosten des Anbauverfahrens durch die Mulchausbringung ab. Die erhobenen Werte zeigen, dass insbesondere die Inwertsetzung der Biomasse das Kostenniveau bestimmt. So werden die Kosten der Mulchausbringung maßgeblich durch die Aufwandmenge beeinflusst.

Für eine praxisrelevante ökonomische Bewertung der Mulchapplikation wäre das Gesamte Anbauverfahren den betriebsüblichen Verfahren des Kartoffelanbaus und der Luzerne-Stroh-Kompostierung gegenüberzustellen: Für die Biomasse wären dieselben Kosten anzusetzen, jedoch der jeweilige Nutzen des Transfermulchs und des Kompostes u. a. in ihren Ertragswirksamkeiten gegeneinander ins Verhältnis zu setzen. Somit wäre davon auszugehen, dass sich die Inwertsetzung der Biomasse als bestimmender Kostenfaktor relativiere. Die zusätzlichen Arbeitsschritte der Mulchausbringung stünden eingesparter Arbeitsschritte etwa bei der Beikrautregulierung und Kompostherstellung gegenüber.

Zwischenfazit 2023

Ertrags- oder bodenwirksame Effekte durch die Mulchausbringung können im ersten Versuchsjahr 2023 nicht festgestellt werden. Im Rahmen des bestehenden, betrieblichen Anbauverfahrens erscheint das Aufbringen einer gleichmäßigen Mulchschicht als Herausforderung. Die im ersten Versuchsjahr angewandte Versuchsumsetzung ist Zumindest als nicht geeignet zu bewerten, Unterschiede zwischen verschiedenen Mulchvarianten zu untersuchen. Insbesondere das Ausbringungsverfahren sollte angepasst werden. Nur so kann das Ziel einer gleichmäßigen, möglichst starken Mulchbedeckung und die Abgrenzung der Versuchsvarianten erreicht werden, um Effekte vor allem auf Bodentemperatur und -wassergehalt überprüfen zu können. Für die kommenden Versuchsjahre sollten folgende Anpassungen in Betracht gezogen werden:

  • Bessere Abstimmung von Parzellenbreite und tatsächlicher Ausbringungsbreite
  • Anpassung der Mulchmenge an die tatsächliche Mulchfläche in Abhängigkeit der realen Ausbringungsbreite des Streuers, um mit der maximal zulässigen Ausbringungsmenge nach DüV eine größtmögliche Mulchwirkung zu erreichen
  • Einsatz eines Streuers mit waagerechten Streuwalzen (ohne Teller-Breitstreuwerk) oder Ladewagen mit Dosierwalze
  • Oder Verringerung der Fahrgassenabstände, um eine entgegengesetzte Mulchausbringung auf derselben Fläche zu ermöglichen und einen ungemulchten Wurfschatten zu vermeiden
  • Eine längere Häcksellänge, um das Abrutschen des Mulchmaterials an den Dammflanken zu verringern

Für eine umfassendere und verlässlichere Datenerhebung ist für die kommenden Versuchsjahre der Aufbau einer Wetterstation und der Einsatz von neuen Sonden zur Bodenfeuchte- und Temperaturmessung vorgesehen. Ein weiteres Ziel sollte zudem die ökonomische Gesamtbewertung der Anpassung des betriebsüblichen Kartoffelanbauverfahrens durch die Mulchapplikation sein.

Der Versuch in Bildern

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